Angesichts der «immer komplexeren Krisen und Herausforderungen» in Europa ruft die EU ihre Bürger zur Selbstvorsorge auf: Die Kommission präsentierte in Brüssel ihre neue «Preparedness Union Strategy». Bürgerinnen und Bürger sollen sich für Krisen und mögliche Kriegsfälle wappnen – mit einem 72-Stunden-Vorrat an Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten.

Die Strategie gründet auf dem Bericht «Safer Together – Strengthening Europe’s Civilian and Military Preparedness and Readiness», verfasst von Sauli Niinistö, dem früheren Präsidenten Finnlands und heutigen Sonderberater der Kommission.

Sein Appell: Europa müsse lernen, im Ausnahmezustand funktionsfähig zu bleiben – mit robusten Institutionen, widerstandsfähiger Infrastruktur und vorbereiteten Bürgern. Ziel sei es, so Niinistö, Europa auf eine zunehmend unsichere geopolitische Lage einzustellen, in der auch ein Angriff auf EU-Territorium nicht mehr ausgeschlossen werden könne.

In seinem Bericht wird die heranwachsende Bedrohung durch Russland mehrmals betont. «Wir haben keinen klaren Plan, was die EU im Falle einer bewaffneten Aggression gegen einen Mitgliedsstaat tun wird», lautet ein Zitat aus dem Bericht. Die territoriale Integrität eines EU-Landes betreffe alle 27 Mitgliedsstaaten gemeinsam​.

Zur zivilen Vorbereitung zählt laut dem Papier auch die Sensibilisierung der Bevölkerung. Bürgerinnen und Bürger sollten im Ernstfall in der Lage sein, sich für drei Tage selbst zu versorgen. Konkret genannt werden Grundnahrungsmittel, Trinkwasser, Medikamente und Lichtquellen.

Wie aus dem Bericht hervorgeht, dient die Ankündigung dieser Massnahmen nicht der Panikmache, sondern der Entwicklung eines neuen Sicherheitsverständnisses, das auch die Eigenverantwortung der Bürger in den Vordergrund stellt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagt dazu: «Neue Realitäten erfordern ein neues Mass an Bereitschaft in Europa. Unsere Bürger, unsere Mitgliedsstaaten und unsere Unternehmen brauchen die richtigen Werkzeuge dafür, sowohl Krisen zu verhindern als auch schnell zu reagieren, wenn eine Katastrophe eintritt.»

Neben dem 72-Stunden-Vorrat empfiehlt der Bericht, dass mindestens 20 Prozent des EU-Budgets in Sicherheits- und Krisenvorsorge investiert werden sollten. Auch der Austausch von Geheimdienstinformationen innerhalb der EU müsse vereinfacht werden.

EU-Chefin von der Leyen unterstützt die Initiative. Sie räumt ein, die EU sei auf die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg unzureichend vorbereitet gewesen. Nun wolle man Lehren daraus ziehen – mit mehr Eigenverantwortung, Resilienz und gemeinsamer Vorbereitung. Europa soll, so der programmatische Titel des Berichts, «sicherer gemeinsam» werden.