Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Die grauen Umrisse der vom Bund erzwungenen Zwangs-Einverleibung der Credit Suisse durch die UBS waren aber nicht etwa am Zürcher Paradeplatz oder an der Falkenstrasse zuerst wahrnehmbar, sondern in 776 Kilometern Luftlinie: London.
Es war die britische Financial Times, die bereits am vergangenen Mittwoch – die Aktien der Credit Suisse waren an dem Tag massiv unter Druck und Kunden zogen massenhaft Gelder ab – unkte, das wahrscheinlichste Resultat sei eine Übernahme durch die UBS.
Am Freitag legte die FT dann die Konturen des Mega-Deals auf den Tisch und vermeldete am Sonntag als Erste, dass die Sache in trockenen Tüchern sei, die Credit Suisse Geschichte.
Die Entwicklung des Preisschildes der Transaktion konnte man bei der Londoner Wirtschaftszeitung in Echtzeit mitverfolgen: von 1 Milliarde US-Dollar am Freitag auf 2,5 am früheren Sonntag, auf schliesslich 3,2 Milliarden Dollar.
Dass sich auch Blackrock als Käuferin in Stellung gebracht habe, erfuhr man aus der gleichen Zeitung zuerst.
Wie auch die Tatsache, dass die Coco-Bonds (Wandelanleihen) einen Totalverlust erleiden würden.
Und heute setzte die FT ihrer Berichterstattung die Krone auf mit einem ausführlichen «Big Read», welcher die Verhandlungen in farbigsten Details nachzeichnet – inklusive der Tatsache, dass der scheidende CS-Präsident Axel Lehmann offenbar am Samstagabend einen physischen Brief an seine UBS-Kollegen schrieb und sich über einige Bestandteile des Deals beklagte.
Für ihre von Insiderwissen strotzende Berichterstattung hätte die Financial Times wohl mühelos einen Journalistenpreis verdient.
Tragisch daran ist allerdings, dass die Schweizer Medien zu Kopisten degradiert wurden. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als in London abzuschreiben, was mit zwei der wichtigsten Firmen des zürcherischen Finanzplatzes passieren würde, gerade passierte oder passiert war.
Die journalistische Hoheit über die Zwangsheirat lag zu jeder Zeit in London. Keiner der Schweizer Beteiligten inklusive Manager, Verwaltungsräte, Spitzenbeamte und Bundesräte hielt es offensichtlich für notwendig oder hilfreich, die Schweizer Finanzpresse einzubinden, während in London hemmungslos geplappert wurde.
Und so kam es, dass die englische Zeitung das letzte Kapitel der Credit Suisse schrieb. Was wiederum nahtlos ins Gesamtbild des ganzen Vorganges passt: Im grossen Welt-Banking ist der Paradeplatz nur noch Provinz.
Wer regt sich denn da über was auf? Das ist doch nur unverhüllt der alltägliche, totalitäre Neoliberalismus (alias Neofascheudalismus) des Finanzadels und seiner im parlamentarischen Kasperletheater agierenden Politik-Sprechpuppen. Die fühlen sich miteinander inzwischen so sicher, vor dem Volkszorn, dass sie immer ungenierter mit der Abrißbirne auf solche Kleinigkeiten wie nationale Souveränität, Neutralität, Rechtsstaat, Eigentumsgarantie, Umsetzung von Referenden usw. eindreschen.
Die FT ist bei Schwankungen im Bankensektor auf der Welt,wie ein Seismograph,der als 1. die kleinsten Erschütterungen wahrnimmt,sofort recherchiert&die Öffentlichkeit informiert,sollte sich eine größere Bankenkrise anbahnen,wie es auch jetzt im Fall der CS&UBS war.Klar,dass die Schweizer Zeitungen da sehr zurückhaltend informierten.Nach dem Motto:"Wie sag ich's meinem Kinde?"Dass bei der CS was Großes bevorsteht,zeigte sich ja bereits im Herbst 2022,als die ersten Investoren ihr Geld abzogen.