Nicht das, was ein Mann nicht weiss, macht ihn zum Narren, sondern das, was er zu wissen glaubt, was aber nicht so ist.» Diese pfiffige Weisheit des amerikanischen Humoristen Josh Billings leitet die Analyse «Gender, Overconfidence and Common Stock Investment» der University of California von 2001 ein, die zeigt, dass Männer 45 Prozent häufiger an der Börse handeln als Frauen, aber im Schnitt schlechter abschneiden.

Auweia. Und dabei dachten die Herren doch immer, sie seien die Alleswisser unter den Anlegern und Finanzgurus, die mit einem Klick die Märkte so was von im Griff haben. Wie sich herausstellt, ist weniger manchmal mehr. Besonders wenn es um Investitionen geht, kann das Vertrauen in falsches Wissen oder übertriebene Selbstsicherheit zu kostspieligen Fehlern führen. Interessanterweise sind Frauen genau hier im Vorteil: Sie sind tendenziell weniger anfällig für überzogenes Selbstbewusstsein und handeln überlegter.

Tatsache ist: Auch im postfeministischen Zeitalter und obwohl beide die gleichen Anlagemöglichkeiten haben, legen noch immer mehr Männer ihr Geld in Aktien und Fonds an als Frauen. Dabei gibt es für Letztere triftige Gründe, über eine Altersvorsorgeoptimierung nachzudenken, schliesslich leben sie tendenziell länger und können besonders vom Zinseffekt über die Jahre profitieren. Es wäre also nur logisch, in lukrative Anlagen zu investieren.

Das Bedürfnis, nachts aufzuwachen wegen der Performance seines Portfolios, hält sich in Grenzen.

Dennoch sind Finanzen und Märkte für viele Frauen Schnarchkategorien, von denen man sich nicht belästigen lassen will. Auch das Bedürfnis, nachts mit kaltem Schweiss im Nacken aufzuwachen wegen der Performance seines Portfolios, hält sich in Grenzen. Wie in vielen anderen Lebensbereichen streben Frauen nach hoher Sicherheit. Da es beim Anlegen keine Garantie für Gewinne gibt und das Sprichwort «Investiere nur das Geld, auf das du verzichten kannst» auch nicht gerade einladend klingt, ziehen es viele vor, darauf ganz zu verzichten.

Wenn sie sich jedoch zum Anlegen entschliessen, zeigen sie langfristig mehr Geschick. Zahlreiche Studien belegen, dass Frauen die besseren Anleger sind. Eine Untersuchung von Fidelity Investments aus 2021, auf der Website der deutschen Commerzbank publiziert, ergab, dass Frauen eine 0,4 Prozent höhere Rendite als Männer erzielen. Das mag auf den ersten Blick nicht viel sein, aber über dreissig Jahre hinweg kann dieser Unterschied zu einem massiv höheren Endbetrag führen, wenn das Geld investiert bleibt und Zinseszinsen wirken. Einer der Gründe ist laut der Commerzbank, dass sich Frauen seltener überschätzen und sich weniger von Marktschwankungen beeinflussen lassen: «Man könnte auch sagen, Frauen investieren oft klüger und bleiben dabei entspannter als Männer.» Wie Finanzexperten erklären, informieren sie sich zudem eingehend über Risiken und meiden spekulative Anlagen.

Ja, Frauen gehen grosszügig mit Vorsicht um – die Vorsicht, die man auch beim Bauen eines Hauses oder beim Überqueren einer Strasse benutzt. Sie setzen gerne auf die Stars der Langzeitstrategie wie Roche, Novartis und Nestlé, die über die Jahre stabile Gewinne liefern, oder Luxusmarken wie LVMH, die weniger oft von Konjunkturschwankungen betroffen sind. Reiche investieren auch in Krisenzeiten munter weiter. Die bewundernswerte Neigung der Frauen, ihr Vermögen besonnen und konservativ aufzubauen, anstatt nach schnellen Gewinnen zu schielen, kommt ihnen beim Investieren zugute. Ihre Hauptstärke liegt in der Konsistenz und Geduld: einfach mal abwarten und Tee trinken.

Männer hingegen neigen dazu, riskantere und impulsivere Entscheide zu treffen, was ihre Renditen negativ beeinflussen kann und das Risiko erhöht, sich zu verzocken. Wie eingangs erwähnt, zeigen Studien, dass Männer in der Finanzwelt zwar selbstbewusst agieren, aber so manche von einem übersteigerten Selbstvertrauen in Beschlag genommen sind, was sie dazu verleitet, ihre Fähigkeiten zu überschätzen und Risiken nicht genug zu berücksichtigen. In Stresssituationen die Geduld zu verlieren – der Schritt ist dann nicht mehr weit.

Langzeitstrategien sind zwar langweilig, zahlen sich an der Börse aber meist aus. Wenn Frauen gezielt investieren, können sie ihre finanzielle Zukunft besser sichern. Jetzt müssen sie sich ihrer Stärken nur noch bewusst werden.

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