Auf ihren Trainingsjacken tragen sowohl die Nationalmannschaft der Schweiz als auch jene Deutschlands ein VW--Logo. Volkswagen setzt auf die Breitenwirkung des Fussballs, auch wenn jedem Zuschauer klar sein muss, dass kaum ein gutverdienender Fussballspieler privat einen VW fährt. Das Sponsoring-Geschäft funktioniert nicht zwingend nach den Gesetzen einfacher Logik. Denn erstaunlicherweise gehört VW nicht zu den Sponsoren der Fussball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland, nach vier Jahren als Partner der Uefa habe man sich im Rahmen von Kostensenkungsprogrammen gegen ein weiteres Engagement entschlossen, heisst es.
Die Lücke füllt jetzt das chinesische Pendant zu VW aus. BYD (Build Your Dreams) ist so etwas wie der Volkswagen aus China — als ich letztes Jahr Schanghai besuchte, war der dichte Verkehrsstrom auf den oft mit Blumenkästen geschmückten Hochstrassen zu gefühlt der Hälfte aus BYD-Modellen zusammengesetzt.
Ob es Sinn ergibt, als chinesische Automarke bei der Europameisterschaft aufzutreten, entzieht sich meiner Kenntnis, aber man kann annehmen, dass die Leute wissen, was sie tun. Das Kompakt-SUV Atto 3, das im sogenannten C-Segment angesiedelt ist, kostet 39 990 Euro und bietet in einer gefälligen Karosserieform State-of-the-Art-Technologie sowie ein wohnliches Interieur mit futuristischen Anleihen. So sind die kompakten Blade-Batterien aus Lithium-Eisenphosphat das Ergebnis langjähriger Forschung und Entwicklung, BYD beliefert mit den Stromspeichern auch den Konkurrenten Tesla. Bei den Fahrassistenz-Systemen, der Sicherheit und anderen wichtigen Parametern ist das BYD-Modell in der Mittelklasse durchaus konkurrenzfähig. Gemäss eigenen Angaben entwickelt und produziert der Hersteller aus Shenzhen als einziger Anbieter sämtliche Komponenten seiner Autos selbst.
Damit dürfte auch in der hiesigen Betrachtung chinesischer Automobilhersteller eine neue Phase eingeleitet sein. Die Zeiten, als man sich mit nur notdürftig kaschierter Herablassung über Kopien westlicher Fahrzeugmodelle erheitert hat, sind vermutlich vorbei. Die Ingenieure des deutschen Automobilklubs ADAC attestieren dem BYD Atto 3 in einem Test «prima» Fahreigenschaften und viele clevere Details.
In der Schweiz hat die Emil-Frey-Gruppe den Import und Vertrieb von BYD übernommen, noch in diesem Sommer sollen die ersten Modelle in den Handel kommen. Möglicherweise wiederholt sich hier die Geschichte. 1967 hatte Patron Emil Frey angefangen, Modelle von Toyota zu verkaufen. Was bis in die achtziger Jahre als «Reisschüsseln» verunglimpft wurde, gehört heute fest zum Strassenbild. Wie volkstauglich BYD ist, dürfte in diesem Zusammenhang die nächste grosse Frage sein, die man wohl erst in einigen Jahren beantworten kann.