Den eingebildeten Risiken auf der Spur
Walter Rüegg:«Zeitalter der Ängste – Aber fürchten wir uns vor dem Richtigen?».
Edition Königstuhl, 2024. 388 S., Fr. 27.90
Wussten Sie, dass ein bestimmtes Mass an Radioaktivität wohl nicht nur unschädlich, sondern möglicherweise gut für die Gesundheit ist? Das legt zumindest eine Studie aus den USA nahe. Demnach haben Menschen, die an Orten mit hoher natürlicher Untergrundstrahlung wohnen, ein längeres Leben. Im Tierversuch ist zudem belegt: Massvoll bestrahlte Mäuse bekommen seltener Krebs.
Das sind nur einige der erstaunlichen -Fakten, mit denen Walter Rüegg in seinem neuen Buch aufwartet. Der promovierte Kernphysiker kommt aufgrund seiner Fachkenntnisse und eigener Messungen zum Schluss, dass die Risiken radioaktiver Strahlung masslos überschätzt werden. Er zeigt mit anschaulichen Vergleichen, dass Gefahren durch Luftverschmutzung, chemische Substanzen oder Zigaretten um ein Vielfaches grösser sind.
Rüegg ist unbequem. Er belegt, dass bei der Solarenergie mindestens so viel -toxischer Abfall anfällt wie bei der Atomenergie, wenn man die erzeugten Strommengen vergleicht. Er macht klar, dass die absurd tiefen Grenzwerte in Sachen Radioaktivität oft haarsträubende Folgen haben. So aufrüttelnd -solche Erkenntnisse auch sind: Rüegg gelingt es, seine Leserschaft mit viel Schalk und Sprachwitz abzuholen. Sein Buch vermittelt nicht nur Wissen, sondern bietet auch einiges an Unterhaltung.
Alex Reichmuth
Dekarbonisierung der humaneren Art
Gerd Ganteför: Plan B für das Klima – Mit den Kräften der Natur den Klimawandel
bewältigen. Westend, 2024. 176 S., Fr. 26.40
Die globale Erwärmung wird laut vorherrschender Darstellung massgeblich durch menschenverursachte Treibhausgasemissionen hervorgerufen. Die Uno-Klimapolitik geht dagegen vor mit Massnahmen, die sich aus dem Pariser Abkommen ergeben, unter anderem mit der Reduktion der CO2-Emissionen auf netto null bis 2050 oder einem ähnlichen Zeitpunkt. Heute erscheint es vielen unvorstellbar, wie eine solche Intervention ausfallen könnte, die praktisch eine Vollbremsung bedeuten würde.
Der Konstanzer Physikprofessor Gerd Ganteför beschäftigt sich seit längerem in Videos mit den Herausforderungen einer solchen Vollbremsung, und dabei hat er einen gemässigteren Kurs herausgearbeitet. Unter dem Titel «Plan B» legte er dar, wie ein menschenfreundlicherer Weg der CO2-Reduktion aussehen kann. Nach seiner Einschätzung genügt es, wenn man die Hälfte der Emissionen aus der Luft nimmt. Die andere Hälfte wird von Landpflanzen und -Ozeanen aufgenommen. Diese Senken helfen, dass die Klimapolitik weniger radikal ausfallen muss und den Entwicklungsländern mehr Spielraum zur eigenen Entfaltung bleibt als unter den Uno-Szenarien. Ganteför hat mit seiner Botschaft, die er nun auch als Buch publi-ziert, etliche Wissenschaftsvertreter gegen sich -aufgebracht.
Beat Gygi