Mein Mann und ich sind uns nicht immer treu. Für uns wäre das eigentlich kein grosses Problem. Bloss möchte er es jeweils wissen, wenn ich mit jemand anderem ins Bett gehe. Für mich ist das aber völlig unnötig: Ich möchte weder von seinen externen Liebschaften erfahren noch ihn über meine aufklären. Was raten Sie mir?

A.C., Altdorf

 

Eine sehr spannende Frage. Sie scheinen sich ja grundsätzlich über den Beziehungsrahmen einig zu sein. Also das heisst, Sie sind beide der Meinung, dass Sie einander nicht treu sein müssen. Wie und ob Sie gegenseitig die Seitensprünge kommunizieren, da sind Sie sich aber uneinig. Es wäre nun ein wichtiger Schritt, das offen zu besprechen. Denn wenn ich richtig zwischen den Zeilen lese, dann ist die Öffnung der Beziehung nur teilweise besprochen. Um sich langfristig in dieser Beziehungsform wohlfühlen zu können, gehört es aus meiner Sicht absolut dazu, dass auch die weiteren Schritte besprochen werden. Folgende Fragen scheinen noch offen zu sein: Wie wird über die offene Beziehung gesprochen? Wird über sie gesprochen? Wird nicht darüber gesprochen? Spricht nur jemand darüber, oder sprechen beide darüber? Wir dürfen die Idee loslassen, dass beide immer die gleichen Bedürfnisse haben müssen. Wenn nur Ihr Mann darüber sprechen möchte, heisst das nicht, dass Sie auch müssen oder umgekehrt ​– das ist Verhandlungssache. Und genau das finde ich das unglaublich Schöne: Es muss nicht immer alles gleich sein. Das heisst, Sie dürfen durchaus vereinbaren, dass Sie es mit ihm besprechen, aber er seine Erlebnisse nicht mit Ihnen teilen muss — oder eben umgekehrt.

Das heisst, Sie sind beide der Meinung, dass Sie einander nicht treu sein müssen.Weiter wäre es natürlich interessant, zu verstehen, warum ihm dieser Teil so wichtig ist. Woran liegt das? Gibt ihm das ein Gefühl von Sicherheit? Oder erregt es ihn vielleicht sogar? Versuchen Sie auch da, auf eine Wertung zu verzichten und sich zum gegenseitigen Verstehen hinzubewegen. Ich würde diese Kommunikation nicht scheuen, denn da erfährt man immer ganz viel über den eigenen Partner. Vielleicht kommt dabei sogar heraus, dass Ihrem Mann das gelebte Modell trotzdem nicht so zusagt. Da wäre auf jeden Fall, egal, wie man es strickt, Redebedarf. Aber es muss schliesslich nicht nur eine Lösung geben. Sie dürfen auch jeder für sich eine eigene Lösung haben, nur die Kommunikation dazu ist ganz wichtig.

 

Dania Schiftan ist Sexologin, Autorin und Psychotherapeutin in Zürich.

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