Man spielt mit uralten Schlägern, aber der Trend ist eher neu. Erst im Jahr 2000 gründeten einige Amerikaner die Society of Hickory Golfers. Diese entstand aus dem Jahrestreffen von Golfspielern, die alte Schläger sammelten. Die Sammler nahmen ihre alten Stücke aus Hickory-Holz hervor und begannen damit zu spielen. Acht Jahre später fand das erste US Hickory Open statt.

2008 feierte der Golfclub Salzkammergut seinen 75. Geburtstag, und in diesem Zusammenhang entstanden das erste Hickory-Turnier in Österreich und der erste Hickoryklub in Bad Ischl. Seit 2019 organisiert der Hickory-Fan Giunto Schalkenberg einen dreitägigen Nostalgie-Event in Kitzbühel mit seinem Hickory Golf Burgenland. Als jüngster von insgesamt drei Klubs in Österreich organisiert der Hickory Golfclub Radstadt ebenfalls abwechselnd die offiziellen Meisterschaften. Gespielt wird ausschliesslich mit vor 1935 gebauten Golfschlägern.

«Es gibt in Österreich vielleicht sechzig bis hundert Hickory-Golfer, die mehr oder weniger regelmässig spielen», schätzt Schalkenberg. Um neue Spielerinnen und Spieler anzulocken, die Hickory-Golf miterleben wollten, durften vergangenen September in Kitzbühel erstmals auch neu gefertigte Schläger aus dem harten und schweren Hickory-Holz verwendet werden.

 

Überschaubare Szene

Grundsätzlich wird beim Hickory mit Originalmaterial gespielt, also mit Schlägern, die vor der Einführung von Stahlschäften in den 1930er Jahren hergestellt wurden. Das gilt auch bei der German Hickory Golf Society, die seit 2009 jedes Jahr die German Open Hickory Championship organisiert.

Christoph Meister, Sammler, Initiant und Captain der German Hickory Golf Society, spricht von etwa 150 bis 200 Golfern, die in Deutschland schon einmal Hickory-Golf gespielt haben. Die Szene sei sehr überschaubar, und auch international kenne man sich sehr gut. Auch für Meister ist klar, dass «echtes Hickory-Golf nur mit echten Schlägern gespielt werden kann». An einem Oldtimer-Rennen starte man ja auch nicht mit einem nachgebauten Sportwagen, sagt der Deutsche.

Das elastische Hickory-Holz erfordert ein sanfteres, runderes Schwingen.

Etwas anders sehen dies die Schweizer Hickory-Golfer. «Bei uns zählt der Genuss, wir diskutieren nicht stundenlang über die Schläger, sondern wollen vor allem zusammen eine gute Zeit haben», sagt Maurus Lauber, Präsident von Swiss Hickory Golf. Der Verband wurde 2012 gegründet und einige Jahre später offiziell als angeschlossene Vereinigung beim Schweizer Golfverband aufgenommen. Damit hat er faktisch den gleichen Status wie die Vereinigung der Golflehrer oder der Greenkeeper. Swiss Hickory Golf zählt mittlerweile gut hundert Mitglieder, dazu kommt ein Hickory-Klub mit gut vierzig Männern und weiteren regionalen Gruppen. Die Schweizer haben weniger Probleme mit Replikas. Durch die Neuanfertigung alter Vorlagen sind deutlich mehr Leute mit historischen Schlägern und Kleidern auf den Golfplätzen anzutreffen.

Zum hundertjährigen Bestehen des ersten Platzes im Tessin spielten im Herbst 2023 mehr als neunzig historisch gekleidete Golferinnen und Golfer an zwei Tagen auf dem Golfplatz von Lugano. «Wie etwa bei einem Oldtimer-Rennen geht es bei uns nicht darum, schnell von A nach B zu kommen. Wir wollen vor allem gemeinsam eine gute Zeit erleben unter ähnlich gemütlichen Leuten», erläutert Hickory-Präsident Lauber den Unterschied zum «Golf als Leistung», was er selber jahrelang intensiv betrieben habe. Lauber: «Ich kam vor gut zehn Jahren auf die Idee mit Hickory-Golf. Seither fasziniert es mich total, und ich kann es jedem nur empfehlen.»

 

Namen statt Nummern

Man spielt mit den historischen Schlägern grundsätzlich kürzer – es geht nicht darum, so gut wie möglich zu scoren oder möglichst spektakulär zu treffen. Vielmehr freut man sich über jeden guten Schlag im Flight. «Fluchen und Schimpfen wie im modernen Golf kennt man bei uns nicht», sagt Genussgolfer Lauber.

Statt Nummern haben die historischen Schläger Namen wie Spoon, Brassie, Mashie oder Niblick. John W. Fischer war 1936 der letzte Gewinner eines grossen Turnieres mit Holzschlägern aus Hickory, dann übernahmen Stahlschäfte den Markt bei den Profis, später folgte Grafit für die Amateure.

Als Golfbälle wurden früher guttys aus kautschukähnlichem Guttapercha gespielt, heute sind es möglichst weiche Bälle. Je härter der Golfball, desto stärker spürt der Spieler bei Hickory-Schlägern das Feedback. Generell kommt es beim Hickory-Golf auf das Feingefühl an, weshalb auch viele Profigolfer bei ihren Trainings gerne mal zu den traditionellen Schlägern greifen, da sie schwieriger zu spielen sind.

Die alten Schlägermodelle verzeihen keine Fehler. So muss der Sweet Spot, jener Punkt des Schlägers, bei dem die maximale Kraftübertragung vom Schlägerblatt auf den Golfball erfolgt, exakt getroffen werden. Zudem erfordert das elastische Hickory-Holz ein sanfteres, runderes Schwingen.

«Man muss weniger schlagen und mehr schwingen», fasst Lauber zusammen. Er selber schwingt die historischen Hölzer der amerikanischen Stilikone Walter Hagen. «Das macht mich natürlich stolz, und im Gegensatz zu einem modernen Set nehmen die alten Schläger tendenziell an Wert zu», freut sich der Touristiker, der Ende Jahr pensioniert wird und gleich mit einer grossen Hickory-Reise im legendären Rovos-Train durch Südafrika seinen neuen Lebensabschnitt starten wird.

 

Ein «Nipp» Anfang Runde

Genuss steht aber auch bei den offiziellen Hickory-Anlässen zuoberst. «Bei unseren Turnieren trifft man deutlich mehr Leute vor der Runde beim Apéro als beim Aufwärmen. Wir bleiben nach dem Turnier gern in unseren historischen Kleidern sitzen, während viele andere sich kaum mehr Zeit nehmen für einen gemeinsamen Drink nach dem mehrstündigen Lauf über den Golfplatz», fasst Lauber die Unterschiede zu Normalgolf zusammen.

Typisch Hickory ist auch der «Nipp», ein Whisky-Shot zum Start der Runde: Damit begrüssten die Schotten den Platz und die Mitspieler. Man kann sich auch unterwegs noch ein paarmal begrüssen. Das sogenannte Birdie-Wasser gehört in Schweizer Golftaschen zwar ebenfalls zum guten Ton – allerdings sind die Gelegenheiten für einen Schluck Whisky damit seltener als bei einer Hickory-Runde, denn ein Birdie muss zuerst einmal gespielt werden.

«Enjoy the walk», heisst das Motto der Hickory-Golfer. Klar sind moderne Hilfsmittel wie Elektro-Carts oder Lasergeräte für die Distanzmessung verpönt oder offiziell verboten. Hickory-Golfer tragen ihre historischen Spielgeräte selber, meist in recht schweren Ledertaschen. Dafür reicht ihnen meist die Hälfte der sonst üblichen vierzehn Schläger. «So erlebt man die Golfrunde auch deutlich entspannter», sagt Lauber, der selbst Probleme in der Hüfte bekundet. Seine Ärztin habe ihm nach der Operation verboten, weiterhin den Bag zu tragen. So ist er nun stolz und entspannt mit einem «historischen Golfwägeli» unterwegs auf den Hickory-Runden.

Geblieben ist für ihn die «Qual der Wahl» der passenden Kleider: «Frauen haben es hier einfacher. Ein langer Rock, ein schöner Hut und eine falsche Perlenkette reichen schon locker für das Spiel», sagt Lauber. Er besitze mittlerweile einen ganzen Schrank voller Hickory-Kleider und müsse immer schauen, dass das karierte Hemd zur gestreiften Fliege, den Hosenträgern, den Knickerbocker-Hosen und den Kniesocken passe. Als moderner Golfer reichen Poloshirt und Hosen, als Hickory-Golfer putze er sich heraus und freue sich, wenn es die anderen ebenfalls tun, so Lauber, der das Ritual mit einem Opernbesuch vergleicht. Selbst bei dreissig Grad spiele man mit Hemd und Fliege – auch wenn man dabei gehörig schwitze.

 

Schweizer Weltmeister

Von den Schweizer Profigolfern brachte es bisher noch keiner an die Weltspitze. Auch Joel Girrbach, der Beste, ist schon froh, wenn er bei Turnieren der European Tour den Cut übersteht. Bei den World -Hickory Open Champions ist es anders. Hier verdiente sich Ex-Profi Paolo Quirici 2013 den inoffiziellen Weltmeistertitel mit -historischen Schlägern.

Das Turnier wurde erstmals 2005 auf dem Old Golf Course im schottischen Musselburgh ausgetragen, einem der ältesten Golfplätze der Welt. «Ich veranstaltete das erste Turnier, 36 Leute spielten, und ich -musste 36 Schlägersätze verteilen», -erzählte der britische Sammler Lionel Freedman, langjähriger Direktor der World Hickory Open, einmal gegenüber CNN. «Aber es hat allen so viel Spass gemacht, dass ich sagte, ich würde es fortsetzen.»

Beim letztjährigen Turnier in Schottland verpasste der Schweizer Roberto -Francioni den Sieg bei den Profis um bloss einen Schlag. Die Schweiz war im gut 110-köpfigen Feld sehr stark vertreten – nicht weniger als 42 Hickory-Golfer starteten in den diversen Kategorien. www.worldhickoryopen.com