Haben Sie sich auch schon gewundert, mit welch schierer Verzweiflung Ihr Flight-Partner seinen im Rough versenkten Ball sucht? Auch nach den erlaubten drei Suchminuten gibt er nicht auf, stampft durchs hohe Gras, vergisst, dass von hinten der nächste Flight drängt. Sanft müssen Sie ihn auf den Ballverlust hinweisen: «Heiri, ich glaube, wir müssen weiter. Drop doch einfach einen Ball auf dem Fairway.»

Heiri gehört nicht zu den Porsche Cayenne fahrenden Klubmitgliedern. Der ehemalige Schreiner wohnt im Nachbardorf, ist seit über vierzig Jahren Klubmitglied, war mal ein Singlehandicapper und ist seit acht Jahren pensioniert. Im Klub ist er sehr beliebt, und alle finden es toll, dass er immer noch dabei ist, obwohl er nicht gerade auf Rosen gebettet ist. Damals, als er dem Klub beitrat, war die Eintrittsgebühr noch bescheiden. Heiri spielt konsequent mit gebrauchten Bällen, die er an jenen Stellen im Wald oder im Out findet, wo häufig Bälle landen.

Angesichts der Tatsache, dass der Ball der geringste Kostenfaktor im Golfsport ist, mag Heiris krampfhafte Suche nach dem verlorenen Ball für manche irrational, ja absurd wirken. Doch Golfer wissen: Gefundene oder wiedergefundene Bälle verleihen einem nach all dem Frust schlechter oder verschlagener Bälle ein immerhin kurzes, kleines Glücksgefühl.

Ganz andere Sorgen bereitet Heiri die Botschaft des Klubpräsidenten, dass es die dringend notwendige Renovation des Klubhauses unumgänglich macht, die Klubmitglieder zu einem Nachschuss von 5000 Franken in die Klubkasse auffordern zu müssen.

Für den Pensionär stellt sich die Frage, ob er aus dem Klub austreten muss und künftig noch als ASGI-Mitglied ab und zu Golf spielen kann. Tatsächlich kommen in der Schweiz solche Forderungen immer wieder vor, doch in einem reichen Land wie der Schweiz sind Heiris Sorgen unter Klubmitgliedern die Ausnahme.

Anders im Ausland: In Grossbritannien schrieb 2023 jeder fünfte Klub Verluste, in Irland jeder vierte. In den USA mit seinen aktuell rund 14 000 Klubs müssen im langjährigen Mittel jedes Jahr ein Prozent oder 140 bis 150 Klubs dichtmachen. Der Grund liegt gemäss der britischen Golfklub-Benchmark-Organisation am geradezu irrationalen Verhalten der Klubmitglieder. Diese – via ihre Klubaktien de facto Eigentümer des Klubs – würden sich nicht wie Eigentümer, sondern wie Konsumenten verhalten. Konkret: Statt die Finanzen langfristig auf eine gesunde Basis abzustützen, genehmigen sie sich möglichst günstige Jahresbeiträge.

Diese auf Konsum ausgerichtete Politik gilt zweifellos auch für hiesige Klubs. Wir wollen ein superschnelles, makelloses Green, perfekte Fairways ohne braune Flecken, ein gutgeführtes Klubrestaurant, moderne Duschen, edle Garderoben und so weiter. Schliesslich haben wir viel für den Klubeintritt bezahlt, und die jährliche Mitgliedergebühr von häufig über 3000 Franken finden wir auch nicht zu knapp.

Die meisten Klubs in der Schweiz kommen mit ihren Einnahmen aus Neueintritten und Greenfees gerade mit einer schwarzen Null heraus, was allerdings nur deshalb klappt, weil der überwiegende Teil der Eintrittsgebühr à fonds perdu bezahlt werden muss und je nach Klub auch schon mal 30 000 Franken oder mehr kosten kann. Golfklubs sind ja im Wesentlichen Immobilienfirmen mit viel Boden und mehreren Gebäuden, doch im Gegensatz zu Immobilien etwa im Stockwerkeigentum, wo das Äufnen eines Reservefonds zwingend ist, unterlassen sie die Bildung substanzieller Reserven. Das führt dann in Abständen von zehn bis fünfzehn Jahren regelmässig zu bösen Überraschungen, weil das Geld für Neuinvestitionen fehlt, namentlich für die Modernisierung des sehr teuren Maschinenparks, für den notwendigen Umbau von einzelnen Greens oder Spielbahnen oder für die Sanierung oder Neugestaltung des in die Jahre gekommen Klubhauses.

 

Dann sieht sich die Klubleitung gezwungen, die Mitglieder zur Kasse zu bitten. So geschehen beispielsweise im Golfklub Zumikon, wo jeder ein paar Tausendernoten beisteuern musste.

Die meisten Mitglieder nehmen solche Nachschüsse in der Regel still hin, schliesslich will sich niemand eine Blösse geben. Viel sinnvoller wäre es, Klubs würden wie im Stockwerkeigentum-Modell einen festgeschriebenen Prozentsatz des Jahresbeitrags in einen Erneuerungsfonds einzahlen. Das würde die Nerven des Finanzchefs beruhigen und bewahrte die Mitglieder vor unliebsamen Überraschungen. Heiri müsste jährlich vielleicht zwei- bis dreihundert Franken mehr zahlen. Und die Klubleitung hätte keine schlaflosen Nächte.