In den westlichen Ländern beherrschen immer noch extremistische Kräfte die energie- und klimapolitischen Debatten. Maximalforderungen kommen nicht nur von Klimabewegungen und anderen Organisationen, die von Publizität und Aktivismus leben, sondern auch aus der Wissenschaft und der Politik. Sie alle beschwören das Temperaturziel des Pariser Vertrags von höchstens 1,5 Grad Erwärmung und die Forderung, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null zu senken.

Dabei ist vielen klar, dass das Illusionen sind. Hans-Werner Sinn, einer der bekanntesten Ökonomen und Autoren Europas in Klima- und Energiefragen, hat kürzlich in einem Vortrag am IWP an der Universität Luzern dargelegt, wie utopisch die politisch gesetzten Ziele sind. Unter dem Titel «Der Extremismus in der Energiepolitik am Beispiel Deutschlands und der EU» zeigte er, wie unrealistisch die Erwartungen an die erneuerbaren Energien sind. Aber bei Zielverfehlungen verpuffe die Erde ja nicht, es gebe immer noch ein Morgen. Der erste Teil von Sinns Vortrag ist in diesem Heft abgedruckt.

Vince Ebert, Physiker, Kabarettist und Autor, bringt eine ähnliche Botschaft zur Sprache, nur aus anderer Sicht. In seinem Text warnt er – mit einem schlagenden Beispiel aus der Fliegerei – davor, sich mit Blick auf ökologische Transformation, Klimaneutralität oder Energiewende zu sehr auf theoretische Folgerungen zu verlassen. Die Praxis, Techniker, Bauleiter und Logistiker kämen oft zu kurz.

 

Neue Kernkraftwerke

Nah bei Praxis und Realisierbarkeit ist dagegen die Forschung der Empa, der Forschungsanstalt für Materialwissenschaften und Technologie des ETH-Bereichs. Peter Richner, stv. Empa-Direktor, legt hier im Interview dar, wie er Zustand und Zukunft des «Bauwerks Schweiz» beurteilt, also all dessen, was gebaut ist. Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Energie- und Rohstoffknappheit verlangten Anpassungen, so die Wiederverwendung von Materialien beim Bauen. Was hält er von Beton? Super!

Weiter mit Blick in die Praxis: Manfred Haferburg, Autor mit langer technischer Erfahrung, beschreibt den von deutschen Ingenieuren entwickelten neuen Reaktortyp Dual-Fluid, der in Deutschland keine Realisierungschance hat und nun in Ruanda als Demonstrationsanlage gebaut wird. Weltwoche-Autor Pierre Heumann fügt einen Bericht an über Saudi-Arabiens ehrgeizige Energiestrategie, die neben Erneuerbaren auch Kernkraft einschliesst. Man kann sagen: So ergibt sich eine Grundlage für ein Wachstum, das nachhaltig genannt werden kann: Grünes Wachstum.