Kriegsrhetorik war in der Klimadebatte von Anfang an im Spiel. Die Parole «Der Klimawandel ist schlimmer als ein Atomkrieg», welche die Tatsachen in brutaler Weise auf den Kopf stellt, wurde schon vor Jahrzehnten vom späteren Friedensnobelpreisträger Al Gore verkündet. Im Januar 2023 wurde sie vom amerikanischen Präsidenten Joe Biden angesichts des Ukraine-Kriegs wiederholt. Der Gründer des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber, dem Politik, Medien, der Papst selbst und die Kirchen als dem «Klimapapst» zu Füssen liegen, hat schon früh seine Chance mit der Sprache der Mobilmachung genutzt und ausdrücklich vom notwendigen «Krieg gegen den Klimawandel» gesprochen.

 

Polemik von Schellnhuber

Die Berichte des Uno-Weltklimarats (IPCC) dagegen, die ja als die «Bibel» der Klimawissenschaft bezeichnet werden, weisen trotz ihrer alarmistischen Schlagseite doch eine gewisse Bodenhaftung auf. Deshalb war ich sehr überrascht, als ich nach der Lektüre des vierten Sachstandsberichts des IPCC im Jahr 2007 Aussagen des Klimawissenschaftlers Schellnhuber hörte. Denn er sprach nicht als Wissenschaftler, sondern als Einpeitscher. Am 13. Juni 2007 bei einem Impulsreferat im Auswärtigen Amt der deutschen Regierung hat er gesagt:

«Die Frage nach dem Meeresspiegelanstieg ist generell von grosser Bedeutung. Dafür hat der jüngste IPCC-Bericht Vorhersagen gemacht und spricht von etwa einem halben Meter bis Ende des Jahrhunderts. So what? Wen interessiert das? Wir legen zwei Ziegel bei den Deichen drauf, und dann ist alles okay. Aber die Prognose wurde ohne die Beiträge der kontinentalen Eismassen und der Gebirgsgletscher durchgeführt. Im Wesentlichen bezieht sie sich somit auf die – durch die Erwärmung verursachte – thermische Ausdehnung des Meerwassers.» Der letzte Satz von Schellnhubers Referats lautete: «Das heisst, dass wir im Zwei-Grad-Gleichgewicht auf lange Sicht einen Meeresspiegelanstieg von mehr als fünfzig Metern bekommen.»

Tatsächlich jedoch beinhaltet der halbe Meter bis Ende des Jahrhunderts, wie der IPCC-Bericht von 2007 ausführte, gerade auch die «Beiträge der kontinentalen Eismassen und der Gebirgsgletscher». Das ist eine entspannende Beurteilung der im IPCC-Bericht von 2021 dargestellten Aussichten. Nehmen wir Schellnhubers Worte: Nach dem wahrscheinlichsten Szenario des IPCC erwartet uns bis 2100 genau jener halbe Meter Meeresspiegelanstieg, den wir mit «zwei Ziegeln auf den Deichen» bewältigen können.

Der Stabschef seiner Klimaautorität, der ebenfalls am PIK wie auch für die deutsche Regierung tätige Stefan Rahmstorf, hat uns auf ähnliche Weise, unbeabsichtigt, Entwarnung geliefert: Am 31. August 2019 veröffentlichte er im Spiegel einen Artikel unter der Überschrift «Die Menschheit verliert die Kontrolle über den Zustand der Erde». Dort verweist er als Beleg auf eine «gerade erschienene Studie» von Paul R. Holland et al., die angeblich zeige, dass beim Schmelzen des Eises in der Westantarktis ein «Klima-Kipppunkt» erreicht sei.

Aber Holland schrieb in Wirklichkeit zu den Winden, die die Ursache des Schmelzens sind: «Wenn die Emissionen ab 2050 zurückgehen und sich schliesslich bei der Hälfte stabilisieren, können die Winde ihren gegenwärtigen Status behalten.» Das ist Entwarnung, kein Alarm.

Auch der Umweltwissenschaftler Ulf Büntgen und sechzehn Co-Autoren haben es durch einen Artikel in der Fachzeitschrift Nature Geoscience im März 2021 geschafft, angesichts einiger trockener Sommer der letzten Jahre in den Medien Dürrealarm zu platzieren («Dürreextreme jenseits der Hintergrundvariabilität unserer Zeitrechnung»), obwohl aus ihren eigenen Daten hervorgeht, dass von den herausragendsten Dürreperioden der letzten 2110 Jahre – 1490 bis 1540 und Mitte der 1970er Jahre bis 2018 – die frühere, vom Menschen unbeeinflusste, deutlich trockener war.

Bei der weitverbreiteten Vorstellung über die Entwicklung von Dürren in Europa – das gilt auch für andere Aspekte des Klimawandels – werden entscheidende Faktoren nicht berücksichtigt. Beispielsweise zeigen die Dürren in Südwestdeutschland in den letzten 200 Jahren laut dem Professor für Physische Geografie, Rüdiger Glaser, überhaupt keinen Trend zur Zunahme. Andererseits haben die Möglichkeiten, auch mit schweren Dürren umzugehen und die Folgen zu minimieren, enorm zugenommen.

 

Gletscher kommen und gehen

Betrachten wir nun die klimatische Gesamtsituation. Sie stellt sich bei nüchterner Betrachtung der IPCC-Berichte folgendermassen dar: Um 1850 hat die Temperatur in unserer Warmzeit Holozän seit 10 000 Jahren ihren tiefsten Punkt erreicht. Es war der Endpunkt der wohlbekannten «Kleinen Eiszeit».

Dabei handelt es sich im Wesentlichen – was wir über Europa genau wissen – um eine schlechte Klimaphase mit häufig strengen Wintern, kühlen und verregneten Sommern und verheerenden Überschwemmungen. Diese Zeit mit ihren Missernten und Hungersnöten ist vielfach belegt.

Schon 1315 bis 1317 gab es in ganz Europa eine extreme Hungersnot mit Millionen von Toten, als Beginn einer Serie von zahlreichen weiteren. Die Magdalenenflut im Jahr 1342 gilt als die schlimmste Hochwasserkatastrophe des gesamten letzten Jahrtausends im mitteleuropäischen Binnenland. Im 16. und 17. Jahrhundert gab es im Mittelmeerraum verheerende Unwetter und Überschwemmungen am laufenden Band.

Vor einigen Jahren wurde in Island theatralisch und medienwirksam ein 700 Jahre alter Gletscher «beerdigt» – so hat man das genannt. Mit unserem Wissen kommt man zu einer ganz undramatischen Sicht: Der Gletscher entstand vor 700 Jahren durch die Klimaverschlechterung. Jetzt, nachdem das Klima wieder besser geworden ist, ist er wieder verschwunden.

Diese Klimaverbesserung, die nach der «Kleinen Eiszeit» eingetreten ist, spielt in der Klimadebatte, die ja von der Erwartung einer Klimakatastrophe durch Erwärmung bestimmt ist, überhaupt keine Rolle – ebenso wenig die enorme Verbesserung der Luftqualität durch die Umsetzung des Helsinki-Abkommens im Jahr 1987.

In der Klimapolitik hat man nun zur Beurteilung der globalen Temperaturentwicklung gerade den Tiefpunkt der Zeit um 1850 als Ausgangspunkt genommen und einen Anstieg von global 2 Grad, oder möglichst nur 1,5 Grad, als gerade noch zumutbare Obergrenze festgelegt.

 

Der menschliche Einfluss

Obwohl der schwedische Physiker und Chemiker Svante Arrhenius schon 1896 als einer der Ersten den Treibhauseffekt von Kohlendioxid entdeckt hatte – und die dadurch zu erwartende Erwärmung übrigens positiv bewertete –, war man sich in den 1970er Jahren noch nicht einig, ob man nun wegen der Abkühlung oder aber wegen der Erwärmung Alarm schlagen sollte. 1976 beschrieb der Klimatologe John Mitchell die Behandlung des Themas in den Medien so: «Während einer Kältewelle interviewen sie einen Vertreter der Fraktion ‹Die Eiszeit naht›, bei einer Hitzewelle wenden sie sich an einen Kontrahenten, der eine Art Hitzetod der Erde voraussagt.»

Auf der ersten Weltklimakonferenz im Jahr 1979 in Genf wies sogar der Konferenzleiter darauf hin, dass man ja noch nicht einmal wisse, ob Erwärmung gut oder schlecht sei. Aber schon damals konnten solche Einwände nichts ausrichten gegen die Lawine, die ins Rollen gekommen war. Und pikant: Auch noch im Jahr 1995 bei der Vorbereitung des zweiten IPCC-Berichts war von den Wissenschaftlern schon vorgesehen, die Frage, ob überhaupt ein menschliches Signal im Klima zu erkennen sei, zu verneinen. Aber im letzten Moment wurde nach heftigen Diskussionen das Dokument mit der vagen Aussage ergänzt, dass ein menschlicher Einfluss auf das globale Klima erkennbar sei.

Dieser wenig sagende Satz hat regelrechte Begeisterung ausgelöst. Die Berliner Tageszeitung titelte: «Endgültig: Menschen schaufeln sich Klimagrab», das Nachrichtenmagazin Focus: «Beweis erbracht». Für den Klimaalarm, stets verbunden mit dem Schuldvorwurf an «uns», gab es seither kein Halten mehr, obwohl zum Beispiel der Klimaforscher Klaus Hasselmann, der 2021 für seine frühen Forschungen zu Klimamodellen und zum Einfluss des Menschen auf das Klima den Physiknobelpreis bekommen hat, noch 1997 in der Wissenschaftszeitschrift Science einen Satz schrieb, mit dem er heute als «Klimaleugner» verdammt würde: «Die Frage, ob der Anstieg der Temperaturen im letzten Jahrhundert tatsächlich vom Menschen verursacht wurde oder ob es sich einfach um eine natürliche Variabilität des Klimas handelt, bleibt kontrovers.»

 

Dekarbonisierung bedroht Freiheit

Das Muster der Klimadebatte, wie wir sie bis heute kennen, kann man so beschreiben: Die Öffentlichkeit glaubt den Klimaforschern die Katastrophenmeldungen bereitwillig, und die wiederum liefern immer mehr Stoff. Wer die Zukunft am düstersten malt, wird prämiert. Im Jahr 2007 hat der Weltklimarat IPCC zusammen mit Al Gore den Friedensnobelpreis bekommen. Das Wort «Klimakatastrophe» wurde daraufhin ebenfalls im Jahr 2007 von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres gekürt. Die Bild-Zeitung hatte zuvor getitelt: «Unser Planet stirbt!»

Der Überbietungswettbewerb mit Alarmbegriffen ging aber weiter. Schon vor Jahren hat eine Philosophin im Berliner Einstein-Forum angesichts des Klimawandels vom «Weltuntergang» gesprochen. Das Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) sah dagegen mit dem blossen «Untergang der Menschheit» schon etwas blass aus.

Klimapapst Schellnhuber frischt die Untergangsstimmung auch immer wieder persönlich auf. Im Jahr 2019 sagte er im Fernsehen: «Ich sage Ihnen, dass wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus hineinschieben, der mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt.» Über die Jugendabteilung der Verrückten hat Rahmstorf gesagt: «Wie im Märchen sind es unsere Kinder, allen voran Greta Thunberg, die einen ungetrübten Blick auf die wissenschaftliche Wahrheit haben.»

Die sogenannten Weltklimakonferenzen, die seit 1995 jährlich stattfinden und die von Zehntausenden aus aller Welt als Klimakatastrophenfestivals besucht werden, waren von Anfang an in Wirklichkeit Selbstbezichtigungstribunale der westlichen Industrieländer. Dieser entscheidende Aspekt fehlt noch in der Beurteilung der Pariser Klimakonferenz 2015 durch Rahmstorf und Schellnhuber in ihrem Buch «Der Klimawandel», wo sie schreiben: «Was schliesslich die Operationalisierung betrifft, ist der Pariser Vertrag eigentlich ein Falschdokument. Denn dass die komplette Freiwilligkeit der jeweiligen nationalen Klimaschutzmassnahmen, mit der man die Zustimmung aller Parteien erkauft hat, die notwendige radikale Dekarbonisierung der Weltwirtschaft zulässt, kann niemand ernsthaft glauben. Ausser eben im Zustand der schweren Schizophrenie.»

Das haben die Autoren sehr spät bemerkt.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht, das in seinem im Frühjahr 2021 verkündeten Klimaurteil sowohl dem Pariser Klimaabkommen als auch dem populärwissenschaftlichen Büchlein von Rahmstorf und Schellnhuber grosse Bedeutung beimisst, hat da wohl nicht bis zur zur Story gelesen.

Die Bundesregierung indessen, die damals über die festgestellte Verfassungswidrigkeit ihres eigenen Gesetzes gar gejubelt und die Stimmung gleich dazu genutzt hat, das Zieljahr für die «Klimaneutralität» von 2050 auf 2045 vorzuverlegen, hat ganz offensichtlich das Urteil überhaupt nicht gelesen; denn dort steht: «Muss sich eine von CO2-intensiver Lebensweise geprägte Gesellschaft hingegen in kürzester Zeit auf klimaneutrales Verhalten umstellen, dürften die Freiheitsbeschränkungen enorm sein.»

 

Absurde Entwicklung

Die Treibhausgasreduktionsbilanz im Vergleich zum Referenzjahr 1990 entwickelte sich übrigens nach den seit 1995 jährlich abgehaltenen Weltklimakonferenzen bis im Jahr 2019 wie folgt: Die EU erzielte minus 30 Prozent CO2-Ausstoss, die Welt ohne EU plus 70 Prozent, alle Länder global insgesamt kamen auf plus 55 Prozent.

Skandalös absurd wird es dann, wenn man neben diesen Zahlen auch die Entwicklung bei den wohl grössten Umweltproblemen der Welt betrachtet: den weiterhin in grossem Ausmass existierenden Hunger auf der Welt, die Luftverschmutzung durch einfache Öfen und die Zerstörung von Wäldern, verbunden mit einem Treibhausgasausstoss, der deutlich über dem der gesamten EU liegt. Und wer nun tatsächlich glauben sollte, dass man den Hunger vermindern kann, indem man in Europa Windräder und Fotovoltaikanlagen errichtet, ist gänzlich neben der Realität.

Rechtzeitig vor der 28. Uno-Klimakonferenz (COP28, 30.11. bis 12.12. in Dubai) hat sich auch Papst Franziskus mit einem Apostolischen Schreiben zur «Klimakrise» zu Wort gemeldet. Wie der Klimapapst Schellnhuber selbst und eigentlich alle, die den Zirkus in den letzten Jahrzehnten verfolgt haben, erwartet er von der Konferenz eigentlich nichts – aber immerhin trägt er selber zum Alarm im medialen Umfeld bei.

Was sagt nun der Weltklimarat IPCC über die Auswirkungen des Klimawandels? Kurzgefasst: Die Auswirkungen von so gut wie allen anderen wichtigen Faktoren wie Politik (Krieg), Wirtschaft, Technologie und Bevölkerungsentwicklung sind gross im Verhältnis zu den Wirkungen des Klimawandels. Schätzungen laufen darauf hinaus, dass ein Einkommen von heute tausend Euro bei der wegen des Klimawandels erwarteten Temperaturentwicklung bis 2100 nur auf etwa 4950 statt auf 5000 Euro ansteigt. Eine winzige Bewegung.

 

Angriff auf die Demokratie

Beim Wirbel um den Klimawandel handelt es sich somit – um in der Fussballsprache zu sprechen – um eine gigantische Schwalbe. Wer den Verstand noch nicht verloren hat, sieht sofort, dass die Zukunftschancen nicht vom Klimawandel abhängen, sondern davon, wie viel Unsinn die Verantwortlichen in der Klimapolitik treiben. Mit der Ampelregierung unter Kanzler Olaf Scholz wurde Deutschland mit dem völlig vagen Billionenprogramm der sogenannten «Klimaschutzpolitik», dessen Sinnlosigkeit grimmig vertuscht wird, endgültig zum berüchtigten Narrenschiff. Dass nun das Bundesverfassungsgericht verboten hat, nicht gebrauchte Corona-Notgelder für die absurden Klimasubventionen zu verwenden, könnte den Irrsinn wenigstens teilweise stoppen.

Die Invariante linksgrüner Politik – die Feindschaft gegen das eigene Land – zeigt sich nun auf neuem Niveau: Der «Krieg gegen den Klimawandel» erhält jetzt die allen Ernstes von vielen gelobte Unterstützung durch einen – bis jetzt – konventionellen Krieg.

Schon vor dem Krieg waren die Stimmen immer lauter geworden, die angesichts des «Klimanotstands» die Demokratie als ungeeignete Staatsform betrachteten. Im Jahr 1795 hat Immanuel Kant seine Schrift «Zum ewigen Frieden» veröffentlicht. Jetzt sollen uns die «Denkpanzer», Think-Tanks, des sogenannten militärisch-industriellen Komplexes auf den Weg des ewigen Krieges führen. Ein grösserer Betrug an der jungen Generation ist kaum denkbar.

 

Gerhard Keller, Diplom-Mathematiker und Assessor des Lehramts für Mathematik und Physik, war lange Zeit als Software-Entwickler in Forschung und Wirtschaft tätig.

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