Sie sind offenbar wieder im Schuss. Und greifen (in einem Interview in der Aargauer Zeitung) voll an. Der Gegner heisst, wie schon so oft, Gianni Infantino, Ihr Nachfolger an der Fifa-Spitze. An ihm lassen Sie kein gutes Haar. Sie finden es «eine Farce», dass er die WM 2034 praktisch schon an Saudi-Arabien versprochen hat, obschon dies ein «virtueller» Kongress erst am 11. Dezember beschliessen muss.

Für Sie geht fast alles in die falsche Richtung. «Wir erleben den Ausverkauf des Fussballs», es ist alles zu gross geworden, zu viel Geld, zu viele Spiele, zu viel Kommerz, zu viele verletzte Spieler. «Man muss schauen, dass der Fussball wieder menschlicher wird. Statt immer nur mehr, mehr, mehr.»

Und wer macht alles falsch? Infantino natürlich! «Er macht das Gegenteil von dem, was nötig wäre. Statt zu diskutieren, nach Lösungen zu suchen, veranstaltet er virtuelle Kongresse.»

Der Leser darf raten, wer denn alles besser machen würde . . . «So verkauft der Fussball seine Seele», sagen Sie bedeutungsvoll. Bekanntlich kann man seine Seele nur dem Teufel verkaufen. Aber kauft der Teufel auch fussballerische Krämerseelen? Das möchte ich bezweifeln.

Aber was ich eigentlich sagen wollte: Bei jedem Ihrer Auftritte sehe ich einen alten, enttäuschten Mann, der keine Macht mehr hat, kein Geld mehr verteilen kann, nicht mehr angehört wird und krampfhaft versucht, trotzdem im Gespräch zu bleiben. Dann denke ich, wie einsam Sie doch sein müssen, wenn Sie sich immer wieder so unversöhnlich zu Wort melden.

Offenbar mögen Sie das alte Gebot für retirierte Mächtige partout nicht befolgen: Servir et disparaître. Ich sehe für Sie heute nur zwei Möglichkeiten: entweder aufs Maul sitzen und die Enkelkinder spazieren führen. Oder auspacken, und zwar alles, die ganze Wahrheit über Ihre Zeit bei der Fifa. Das wäre die grosse Story, die uns alle viel mehr interessiert als das besserwisserische Gejammer eines has-been.

 

Mit freundlichen Grüssen
Peter Rothenbühler