Hoffnungen auf den Beitrag von Solar- und Windenergie dominieren Berichte und Analysen zur Energieversorgung so überwältigend, als ob ohne die Erneuerbaren die Welt bald stillstehen würde. Dabei ist ihr Beitrag zur Energieversorgung bescheiden. Bedenklicher: Ohne Subventionen wären sie nicht wettbewerbsfähig. Fast verzweifelt klingt deshalb Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Er will den Aufbau einer Solarindustrie «mit erheblichem Mitteleinsatz», also Steuergeldern, fördern. Er fordert Unternehmen dazu auf, ihr Interesse an einer Investitionskostenförderung zu signalisieren. Auch die USA versprechen Herstellern von Solarzellen hohe Subventionen. Was Investitionsentscheide beeinflusst. Das Schweizer Solarunternehmen Meyer Burger will nun ein neues Werk in den USA bauen, wo Unterstützungsgelder locken – nicht, wie erst erwogen, in Deutschland.
Grüne Politiker sprechen zwar davon, dass der Abschied vom fossilen Energiezeitalter begonnen habe. Aber die Hauptlast der Energieerzeugung, nämlich 85 Prozent, tragen nach wie vor die konventionellen Energieträger wie Erdöl und Kohle. PR-Strategen der Sonnen- und Windenergie schwärmen von «fantastischen» Wachstumsraten ihrer Branche. Aber die Aufholjagd der Fotovoltaik oder Windmühlen muss durch gewaltige Investitionen, Milliardensubventionen unterstützt und vorangetrieben werden. Statt den Markt darüber entscheiden zu lassen, welcher der Energieträger das Rennen machen soll, verzerren Bürokraten die Preisrelationen. Die Politik entscheidet darüber, ob Öl oder Sonne, ob Kohle oder Wind wirken soll.
Angesichts der Flatterhaftigkeit der erneuerbaren Energieträger klingt ein Umweg über Wasserstoff zunächst vielversprechend: aus «Erneuerbaren» Wasserstoff produzieren, der später wieder in Energie gewandelt wird. Nachteile von Sonne und Wind würden relativiert. Optimisten setzen darauf, dass Wasserstoff erstens fossile Energieträger ersetzen werden und zweitens als Speicher für erneuerbare Energien eingesetzt werden könnte. In Phasen, da Solar- oder Windanlagen Stromüberschuss liefern, liesse sich damit Wasserstoff herstellen, dessen Energie später angezapft werden kann.
Geringe Emissionssenkungen
Aber die Produktionskosten von solchem grünen Wasserstoff seien «noch deutlich von der ‹magischen› Zwei-Euro-Grenze entfernt», heisst es in einer Studie von Aurora Energy Research. Auch der Trend zur Elektromobilität wird durch den Staat gefördert und alimentiert. So subventionieren viele Kantone Elektroautos mit einem Fahrzeugsteuerbonus. Sobald die Unterstützung wegfällt, ist es aber vorbei mit der Begeisterung, wie sich in Deutschland zeigt, wo der staatliche Zuschuss zum Jahresbeginn auf maximal 4500 Euro gesunken ist. Das offizielle Ziel von fünfzehn Millionen E-Autos auf den Strassen bis 2030 erscheint zunehmend unrealistisch. Denn bislang, im ersten Halbjahr, haben sich nicht mal 16 Prozent der deutschen Autokäufer entschieden, ein Elektroauto anzuschaffen. Weil der staatliche Zuschuss zum E-Auto sinkt, bricht die Nachfrage ein – vor allem bei deutschen Marken. Ein Grund ist auch die Verunsicherung der Kunden, ob sich der Kauf eines E-Fahrzeugs lohnt. Es fehlt das klare politische Signal, dass Benziner schon bald im Unterhalt erheblich teurer würden.
Fördermassnahmen sind sicher gutgemeint. Energieinnovationen sollen die Nutzung fossiler Brennstoffe reduzieren, wie dies fast jeder Politiker inzwischen fordert. Aber Dinge wie Elektroautos verlagern lediglich die Flamme vom Motor zum Kraftwerk. Ob das die Emissionen überhaupt reduziert, hängt davon ab, wie viel Strom aus Kohle, Gas oder anderen Quellen stammt, wie viel Energie für die Herstellung der Batterie verbraucht wird und wie lange die Batterie hält. Selbst unter den optimistischsten Annahmen sind die Emissionssenkungen, übers Ganze gesehen, gering.
Subventionen sollen erneuerbare Energien wettbewerbsfähiger und erschwinglicher machen. Auch wenn sich die Effizienz des Energieverbrauchs verbessert, wird das den Anteil dieser Alternative kaum massgeblich erhöhen können. Zudem sind viele Menschen in der Dritten Welt noch immer ohne Strom oder Treibstoff. Ihre Energienachfrage steigt mit ihrem Einkommen. Preisverzerrungen – also Subventionen – werden daran wenig ändern.
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