Weltwoche: Frau Bauknecht, welche Stadt ist besser, Zürich oder London?

Sandra Bauknecht: Hat beides seine Vor- und Nachteile. Zürich gibt einem Sicherheit, Wärme, und London dagegen sorgt für vibrancy, Beschwingtheit, und Inspiration.

Weltwoche: Wo geht die Frau von Welt in London aus?

Bauknecht: Ins «Annabel’s», natürlich [ein privater Klub, nur für Mitglieder; sie sitzt im Aufnahmekomitee, die Red.].

Weltwoche: Wo lernt sie einen Mann kennen?

Bauknecht: Wenn ich das wüsste. Man kann mir auch gern eine Antwort geben.

Weltwoche: Wie muss ein Mann gekleidet sein, damit Sie ihn überhaupt wahrnehmen und er Sie vielleicht interessiert?

Bauknecht: Das Letzte, was mich an einem Mann interessiert, ist sein Modegeschmack. Das ist ein Fakt.

Weltwoche: Weil Sie ihn sowieso verändern?

Bauknecht: Ja, das habe ich auch schon gemacht. Aber ich glaube, es ist ganz gut, wenn nicht beide die gleichen Interessen haben.

Weltwoche: Älter oder jünger als Sie – ein Hindernis oder Problem?

Bauknecht: Offensichtlich nicht – gross, klein, jünger, älter . . .

Weltwoche: Und wie reich soll er sein?

Bauknecht: Reich an Gefühlen und im Herzen reicht.

Weltwoche: Sind Sie wie Jennifer Lopez – «My Love Don’t Cost a Thing»?

Bauknecht: Das ist nicht schlecht formuliert, ja.

Weltwoche: J. Lo hat Unterwäschewerbung gemacht, mit 54 – würden Sie das auch tun, falls Intimissimi anfragt?

Bauknecht: Warum nicht?

Weltwoche: Ich dachte, es sollte, wenn schon, eher Chanel sein.

Bauknecht: Schauen Sie, ich hab ein Problem damit, wenn es heisst: «Das darf eine Frau mit zwanzig, dreissig, vierzig oder fünfzig anziehen. Und das nicht.» Ich finde, wenn man sich wohlfühlt in seiner Haut, kann man anziehen, was man möchte. Jemand hat vielleicht mit zwanzig super Beine und jemand anderes mit achtzig. Guck dir meine Freundin Ljuba (Manz, die Red.) an – tolle Beine, sie kann einen kurzen Rock anziehen. Davon abgesehen, würde ich Unterwäsche von Chanel lieber anziehen? Ja.

Weltwoche: Wie geht Dating für eine Frau, die kein spring chicken mehr ist, im Jahr 2024?

Bauknecht: Ich bin absolut keine App-Userin, ich lasse mich überraschen.

Weltwoche: Sind Sie denn nicht technikaffin, oder glauben Sie nicht an Dating-Plattformen?

Bauknecht: Ich habe so viel in meinem Leben zu tun, dass ich erst mal keine Zeit habe für einen Mann. Und ich glaube, wenn es unverhofft kommt, ist es am besten.

Weltwoche: Kommt unverhofft denn oft?

Bauknecht: Nein, oft kann man nicht sagen. Aber es mangelt mir nicht am Kennenlernen von Menschen.

Weltwoche: Bewerben sich denn Männer schriftlich bei Ihnen, mit Lebenslauf und so?

Bauknecht: Ist das jetzt ein Dating-Interview?

Weltwoche: Nein, bloss der Dating-Teil des Interviews.

Bauknecht: Ob sich Männer schriftlich bewerben? Das gibt’s schon mal.

Weltwoche: Und wer zahlt beim ersten Date?

Bauknecht: Der Mann.

«Das Letzte, was mich an einem Mann interessiert, ist sein Modegeschmack.»Weltwoche: Letzte Dating-Frage. Was, wenn einer, den Sie toll finden, sagt: «Ich möchte, dass du zu mir in mein Schloss ins Burgund ziehst» oder auf seine Ranch in Montana?

Bauknecht: Das ist lustig. Na, wenn’s einen guten Flughafen in der Nähe gibt . . . Ich habe schon an so vielen Orten auf der Welt gelebt, in München, Paris, Singapur, Chicago, jetzt verbringe ich viel Zeit in London. Man kann eigentlich reinspringen, wo man will, das Leben ändert sich gar nicht so sehr. Aber die Schweiz habe ich extrem gern, sie bleibt meine Basis. Ich fühle mich mittlerweile mehr als Eidgenossin als als Deutsche.

Weltwoche: Auch körperlich sind Sie beweglich, können den Spagat, habe ich auf Ihrem Blog gesehen. Woher kommt das?

Bauknecht: In einem flexiblen Körper steckt ein flexibler Geist, sagt man. Ich habe fast professionell Ballett getanzt bis Anfang zwanzig, dann hatte ich einen Bandscheibenvorfall.

Weltwoche: Kann eine Frau, die älter ist als neunzehn, gutgekleidet sein, wenn sie kein Geld hat?

Bauknecht: Ja, das kann man immer.

«Zum 18. Geburtstag, als sich andere ein Auto wünschten, habe ich mir ein Chanel-Kostüm gewünscht.» Weltwoche: Und wie geht das?

Bauknecht: Indem man ein Gefühl hat für Proportionen und auf gute Materialien achtet. Man kann dann halt keine Mengen kaufen, sondern steckt das kleine Budget in beste Stücke, die man lange, lange behält. Meine Prämisse war schon immer: in etwas Gutes investieren, pflegen und hegen.

Weltwoche: «Ein Gefühl haben für Proportionen» tönt einfacher, als es ist.

Bauknecht: Man muss sich selbst analysieren: Welches sind die Stellen, die ich gern mag an mir? Und darauf fokussieren. Vielleicht braucht man dabei auch Hilfe, Beratung. Es bringt nichts, wenn der Trend Hotpants sind, aber man nicht die Voraussetzungen dafür hat. Dafür braucht man nicht viel Geld. Schuhe, Handtasche und ein guter Mantel sind das Teuerste. Alles andere kann man auch günstig finden.

Weltwoche: Wie hoch ist Ihr jährliches Budget für Kleider, Schuhe, Accessoires und Schmuck?

Bauknecht: Ich sage dazu nichts.

Weltwoche: Ich schätze, mehr als der Schweizer Medianlohn von zirka 82 000 Franken. Wohl sogar mehr als das Doppelte.

Bauknecht: Über Geld spricht man nicht.

Weltwoche: Ihre Kleiderschränke sind grösser als eine durchschnittliche Schweizer Familienwohnung, geht das Gerücht, stimmt es?

Bauknecht: Das könnte eventuell stimmen. Ich sammle seit dreissig Jahren Mode, ich habe Kleider immer als Kunst gesehen.

Weltwoche: Wenn Sie sich nicht entscheiden können, in welcher Farbe Sie eine Designer-Handtasche kaufen sollen, kaufen Sie alle, habe ich gehört, stimmt’s?

Bauknecht: Nein, das habe ich nie gemacht. Das ist eine Erfindung.

Weltwoche: In den Augen vieler Betrachter ist Mode etwas Oberflächliches. Und folglich auch Menschen, die sich sehr dafür interessieren.

Bauknecht: Ich sehe das nicht so. Schliesslich bekleide ich das, was mir am wichtigsten sein sollte – mich selbst nämlich, meinen Körper. Kleidung kann so powerful sein. Wenn man in einen Raum hereinläuft, entscheiden die ersten drei Sekunden darüber, wie man eingeschätzt wird. Darum kann man es auch beeinflussen, um nicht zu sagen «manipulieren», wie einen die Leute wahrnehmen. Ich liebe das, weil ich Mode liebe.

Weltwoche: Sie sind dran, ein Prêt-à-porter-Museum aufzubauen, richtig?

Bauknecht: Das stimmt. Ich habe angefangen zu sammeln mit fünfzehn, sechzehn, habe immer alles katalogisiert, von Anfang an. Zum 18. Geburtstag, als sich andere ein Auto wünschten, habe ich mir ein Chanel-Kostüm gewünscht. Und ich habe alles behalten. Ich habe immer Wert daraufgelegt, junge Designerinnen und Designer zu unterstützen, darunter Mary Katrantzou oder Stella McCartney, und probiert, besondere Stücke zu bekommen, zum Beispiel Kollektionen, die Modemacher zum Abschluss ihres Studiums präsentierten. Deshalb hat man mich früher als Shopaholic oder fashion victim abgestempelt. Heute merke ich, dass meine Sammlung auch bei Branchenprofis hohes Ansehen geniesst. Weil sie einzigartig ist, in den 1990er und 2000er Jahren hat noch niemand Prêt-à-porter gesammelt.

Weltwoche: Ist die Idee schon ausgereift, gibt es etwa bereits einen Standort?

Bauknecht: Nein, noch nicht. Ich denke, meine Sammlung könnte in eine Stiftung eingebracht werden. Und sie könnte auch reisen und somit in bestehenden Museen gezeigt werden.

Weltwoche: Was verändert das Leben einer Frau stärker, ein kosmetischer Eingriff im Gesicht oder eine Brustvergrösserung?

Bauknecht: Haha, das kommt darauf an, wie sie damit umgeht. Im Gesicht würde ich mich jetzt nicht trauen, einen Eingriff zu machen – was, wenn’s schiefgeht?

Weltwoche: Mein liebster Satz von Ihnen: «Ich als sparsame schwäbische Hausfrau . . .» Abgesehen davon, dass Sie bei Frankfurt, also in Hessen, aufgewachsen sind . . . Ihr Ex-Mann darf als Schwabe bezeichnet werden . . . – können Sie sparen?

Bauknecht: Diese kleine Anekdote beantwortet die Frage: Als Jugendliche machte ich einen vierwöchigen Sprachaufenthalt in Paris. Mit dem Geld, das mir meine Eltern für Verpflegung mitgaben, habe ich ausgesuchte Müsliriegel und solche Sachen gekauft. Und mit dem Geld, das ich so sparte, konnte ich mir am letzten Tag etwas bei Chanel leisten.

Weltwoche: Wie viel kostet ein Liter Milch in der Migros?

Bauknecht: Keine Ahnung, ich trinke keine Milch.

Weltwoche: 1.55 Franken. Und ein Paar Statement-Sandalen von Jimmy Choo?

Bauknecht: Ich würde jetzt mal schätzen, 695 Franken.

Weltwoche: Stimmt. Können Sie haushalten? Kochen, Kuchen backen, Knopf annähen, eine Bluse, ein Hemd bügeln?

Bauknecht: Ich lasse niemanden an meine Kleider, also mache ich das selbst. Ich kann sogar ein bisschen kunststopfen. Ich stehe, wenn man mich kennt, mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Denn ich bin nicht gern abhängig. Darum weiss ich gern, wie alles funktioniert.

Weltwoche: Sind schön auszusehen und gutgekleidet zu sein eine Vollzeitbeschäftigung?

Bauknecht: Es macht mir Spass, und wenn man weiss, wie’s geht, geht’s schnell.

Weltwoche: Wie viel Zeit benötigen Sie dafür täglich?

Bauknecht: Zwanzig Minuten. Und wenn ich eine Gala habe, zwei Stunden, mit allem Möglichen. Ich fliege zum Beispiel auch immer nur mit Handgepäck, da sind auch alle ganz erstaunt. Aber mir kommt entgegen, dass ich viele Kleider habe und auswählen kann, was genau zusammenpasst.

Weltwoche: Haben Sie Flugscham?

Bauknecht: Ich habe Flugcharme.

Weltwoche: Sie sind auch schon für eine Hotel- oder so Eröffnung um die halbe Welt geflogen und bloss einen Abend geblieben.

Bauknecht: Ja, aber weil George Clooney dort neben mir sass.

Weltwoche: Ihr liebstes Restaurant in Zürich und in London?

Bauknecht: In Zürich das «Bindella» und in London das «Annabel’s», natürlich, und «Harry’s Bar».

Weltwoche: Ihre bevorzugten Hotels in Paris und Mailand?

Bauknecht: «Plaza Athénée» in Paris und das «Four Seasons Hotel» in Mailand.

Weltwoche: Ganz zum Schluss eine journalistische Sünde, eine Anspielung auf Ihren Namen. «Bauknecht weiss, was Frauen wünschen»; was denn?

Bauknecht: Ich weiss ganz gut, was Frauen wünschen. Das kann man jeden Tag auf dem Blog sehen.