Über 65 Prozent der Jugendlichen sind besorgt über die Bedrohung durch den Klimawandel. Das ergaben verschiedene Untersuchungen in mehreren Ländern. Bei einem Teil von ihnen geht es aber noch weiter: Aus der Sorge wird eine Angst, die das Leben bestimmt. Die Betroffenen weinen vor laufender Kamera, können sich nicht mehr auf die Schule konzentrieren und sind nicht in der Lage, einen anderen Gedanken zu fassen. Sie sind überzeugt, dass ihnen nicht mehr viel Zeit auf Erden bleibt.

Das Phänomen hat einen Namen: Klima-Angst. Jugendliche sind weit häufiger davon betroffen als Erwachsene. Das müsste auf den ersten Blick ein Alarmsignal für Psychologen und Psychiater sein. Wie auch immer man zum Thema Klimawandel stehen mag: Wenn Angst die Herrschaft übernimmt, besteht Handlungsbedarf.

 

Verständnis der Psychologen

Stattdessen wird die Klima-Angst in vielen Medien aber verharmlost oder gar bejubelt. Der Tenor lautet, man dürfe sie nicht als psychische Störung oder Krankheit betrachten. Denn der Hintergrund der Angst sei ja real, entsprechend sei sie bis zu einem gewissen Punkt berechtigt.

Der Psychologe Felix Peter spricht von einer «natürlichen Reaktion auf eine wahrgenommene Bedrohung». Seine Berufskollegin Katharina van Bronswijk nennt es bei SRF eine «sinnvolle Angst», die keine Behandlung erfordere. Auch Gerhard Reese, Umweltprofessor an der Universität Koblenz-Landau, beurteilt die Klima-Angst als «nachvollziehbare Reaktion auf ein reales Problem».Die Psychologenriege wehrt sich also dagegen, die Erscheinung zur klinischen Diagnose zu machen. Erstaunlich, tauchen doch fast jeden Tag neue psychische Krankheitsbilder auf, die umgehend in den Behandlungskatalog wandern.

Doch die Abwehrhaltung ist kein Zufall. Felix Peter und van Bronswijk sind aktive Mitglieder von «Psychologists for Future», einer Art Branchenableger der «Fridays for Future»-Bewegung. Damit sind sie der Aktivistenszene zuzuordnen und keineswegs neutral. Es ist nicht in ihrem Interesse, die Klima-Angst als pathologisches Problem einzuordnen, weil sie auf derselben Seite stehen wie die Betroffenen. Ob es Zufall ist, dass viele Medien gezielt Psychologen mit diesem Hintergrund beiziehen?

Die von SRF befragte Katharina van Bronswijk versteigt sich sogar zur Aussage, Angst sei ein «evolutionär sinnvolles psychisches Phänomen». Das ändert aber nichts daran, dass sie krankhafte Formen annehmen kann. Psychologie und Psychiatrie behandeln laufend Menschen mit Angststörungen. Dabei ist keine Angst zu irrational, um nicht ernst genommen zu werden. Dass Jugendliche kaum mehr lebensfähig sind, weil sie von der baldigen Apokalypse überzeugt sind, scheint aber kein Problem zu sein.

Statt den Betroffenen zu helfen, solle man Lösungen gegen den Klimawandel finden, so van Bronswijk. Bei Felix Peter klingt es sogar so, als müsste man das Phänomen noch fördern. Die Klima-Angst könne «eine zukunftsorientierte Haltung auslösen, die uns dazu motiviert, uns angemessen mit einer Bedrohung auseinanderzusetzen und Dinge zu tun, die diese Bedrohung abwenden können». Das sehe man am Beispiel von «Fridays for Future».

Die «Psychologists for Future» haben einen Zehn-Punkte-Plan ausgearbeitet, mit dem man der Klima-Angst begegnen könne. Ganz zuoberst: Die Angst als Antrieb zu verstehen, selbst aktiv zu werden. Das sei ein «Gegengift gegen das Gefühl der Ohnmacht».

Was übersetzt heisst: Statt sich fachliche Hilfe zu holen, um wieder lebensfähig zu werden, soll man sich besser auf die Strasse kleben. Politik statt psychologische Hilfe.