Fahrer und Freunde der Marke Porsche neigen zu einem gewissen Wertkonservativismus. Das ist eine gute Sache, die beweist, wie verbunden viele Kunden mit den Sportwagen aller Art sind, die Porsche baut. Im Verständnis des Stuttgarter Autobauers sind auch die SUV oder die Limousinen nämlich Sportwagen. Im Falle des einen, für manche einzigen wahren Sportwagens, dem Porsche 911, achten Kenner besonders aufmerksam auf Neuerungen, die Änderungen am technologischen Wertekanon dieses ikonischen Automobils betrifft.

Als etwa 1998 der 6-Zylinder-Boxermotor im Heck des «Elfers» von Luft- auf Wasserkühlung umgestellt wurde, um die strengeren Emissionsvorschriften bei einer gleichzeitigen Leistungssteigerung noch erfüllen zu können, gab es im Kreise der eingeschworenen Porsche-Fahrer grosse Diskussionen. Auch die Umstellung von Sauger- auf Turbomotoren bei den meisten Modellen der Baureihe im Jahr 2016 ging nicht ohne grosse Debatten. «Porsche-Fans sind fassungslos» titelte das Magazin Der Spiegel. Während der Hersteller im Spannungsfeld zwischen Vorschriften und Leistung sich für neue Wege entscheiden musste, ging es den Puristen diesmal um den unvergleichlichen, heiseren Sound des «frei atmenden Saugers», wie das Motorenliebhaber gerne ausdrücken.

Der Logik von Verbrauch vs. Leistung folgt auch die jüngste Evolutionsstufe des Porsche 911, für die 2024 lancierten Baureihe 992 II haben die genialen Entwickler eine milde Form der Elektrifizierung in den Antriebsstrang integriert, die von einem bewundernswerten Raffinement ist. Im Porsche 911 Carrera GTS, den ich kürzlich fahren durfte, befindet sich eine Elektromaschine im Getriebe des Autos und ein kleiner Elektromotor vor dem Turbolader, der «blitzschnell» (Porsche) – und unabhängig von der Motorendrehzahl – den Turbolader auf Drehzahl bringen kann. So entsteht schneller ein höhere Ladedruck, der GTS beschleunigt spürbar leichtfüssig und vergleichbar mit den Turbo-Modellen der vorangehenden Baureihe.

Für strukturkonservative Porsche-Fahrer ist das vielleicht eine Herausforderung, aber die Schönheit der Mechanik, die in diesem hochentwickelten Antrieb steckt, ist eigentlich Grund für Demut vor der Macht des (technisch) Machbaren. Der «Elfer» bleibt auch mit dem jüngsten Entwicklungsschritt ein unerreicht guter Sportwagen, der es einem ebenso leicht macht, entspannt Autobahnlangstrecken zurückzulegen, wie er gleich darauf dem reinen Vergnügen gewidmete Fahrten ermöglicht. Beim Versuch, im Modus «Sport plus» die 541 PS und 610 Nm Leistung des Porsche 911 Carrera GTS abzurufen, drehe ich die Musik aus und den Motor auf und bei genauem Hinhören ist im Heck das Seufzen des Turboladers zu vernehmen, wenn der Druck entweicht. Das mag nur ein Detail sein, aber es ist Teil der Ästhetik dieser Konstruktion. Der Porsche 911 bleibt gleichzeitig eine Ikone der Automobilgeschichte und ein aerodynamisches Symbol des Fortschritts.

 

Porsche 911 Carrera 4 GTS

Motor/Antrieb: T-Hybrid mit eTurbo und 6-Zylinder-Boxermotor, 8-Gang-PDK, Allradsystem; Hubraum: 3591 ccm; Leistung: 541 PS/398 kW; max. Drehmoment: 610 Nm/1959–6000

U/Min.; Verbrauch (WLTP): 10,5–11,1 l/100 km; Beschleunigung (0–100 km/h): 3,0 Sek.; Höchstgeschwindigkeit: 312 km/h; Preis: Fr. 206.900.–; Testwagen: 238.870.–