Ich weiss nicht genau, ob der Anblick der Welt durch den Sucher meiner Kamera meine Sichtweise geklärt oder verzerrt hat. Oder ob die Leica vor meinem Auge einfach ein nützlicher Filter war, damit ich nicht alles aus erster Hand erleben musste.
Ich habe zehn Jahre lang Kriege fotografiert. Wenn ich aus den Krisengebieten zurückkehrte, war ich völlig weggetreten. Nicht mehr dort – aber auch nicht hier. Unfähig, in einer Beziehung zu funktionieren.
Ich, der kleine Schweizer Hippie-Pazifist, wollte plötzlich mehr über Kriege wissen.Und trotzdem hat es mich hingezogen. Vielleicht kam das von meinem familiären Hintergrund. Die Familie meiner jüdisch-deutschen Mutter wurde von den Nazis ermordet. Mama konnte in die Schweiz flüchten. Mein Vater kam aus Italien in die Schweiz, um dem Militärdienst Mussolinis zu entkommen. Und ich, der kleine Schweizer Hippie-Pazifist, wollte plötzlich mehr über Kriege wissen. Aber mich haben weniger die kriegerischen Handlungen interessiert als die Menschen – Familien, Mütter, Kinder. Die wirklichen Verlierer.
Adrenalin und Leichtsinn
Das Leben als Fotojournalist war meine Wirklichkeit. Hundert Prozent Adrenalin – und etwas jugendlicher Leichtsinn. Es begann in Israel in einem dreckigen Strassengraben, als ich das erste Mal von einer 125-mm-Haubitze beschossen wurde. Ich lernte schnell: «Wenn du sie hörst, ist sie vorbeigeflogen.» Da habe ich das erste Mal in die Hose gemacht. Später wurde auch im Iran auf mich geschossen, und ich habe mich gefragt, wie viele Leben ich wohl noch hätte. Kurz danach überlebte ich einen Helikopterabsturz in Kalifornien. Da merkte ich, dass ein wenig Demut angesagt wäre. Nach drei Ehen, einem Hirnschlag und diesem Helikoptercrash lässt es sich jetzt entspannter leben.
Ich habe abartige Bilder fotografiert, von denen ich mir erhoffte, dass niemand mehr ein Gewehr in die Hand nehmen würde. Zerfetzte Kinder, von Macheten abgehackte Köpfe. Irgendwann musste ich leider lernen: «Ce n’est pas une image juste, c’est juste une image.» Kein Magazin hat diese grauenhaften Fotos gedruckt.
Und der Vater mit seinen drei Buben hat eh andere Sorgen.