Und sie tun es schon wieder. Nun hat auch Sharon Stone, die berühmteste Beineübereinanderschlagerin der Welt, es für eine tolle Idee gehalten, die Wähler zu beleidigen (Stone hatte erwogen, bei einem Trump-Sieg das Land zu verlassen; sie lebt noch immer in L. A.). Bei einem Presseevent am Torino Film Festival wurde die 66-Jährige politisch und bezeichnete die Wähler des künftigen US-Präsidenten als «ungebildet» und «ausserordentlich naiv», wie das Nachrichtenportal Mediaite berichtete. Die USA befänden sich «mitten in der Pubertät». Pubertierende seien «arrogant», «naiv» und würden glauben, «alles zu wissen». Ihr basic instinct hat sie offenbar im Stich gelassen, sonst würde sie wissen, dass das Ungebildet-Label über eine ganze Wählerschaft zu stülpen, ungefähr so effizient ist wie ein Film ohne Handlung – niemand schaut wirklich zu, und am Ende bleibt der Beschimpfende der Einzige, der glaubt, einen Blockbuster gelandet zu haben.

La Stone scheint die noch immer präsenten Worte des Ricky Gervais nicht mitbekommen zu haben. In seiner legendären Moderation bei den Golden Globe Awards 2020 rief der Comedian den «200 privilegierten Egos im Raum» zu, nicht politisch zu werden: «Wenn ihr einen Preis gewinnt, benutzt ihn nicht als Plattform für eine politische Rede. Ihr seid in keiner Position, die Öffentlichkeit über irgendetwas zu belehren. Ihr wisst nichts über die echte Welt. Die meisten von euch haben weniger Zeit in der Schule verbracht als Greta Thunberg. Also, wenn ihr gewinnt, kommt hoch, nehmt euren kleinen Preis entgegen, bedankt euch bei eurem Agenten und eurem Gott und haut ab, okay?» Vielleicht hätten sie besser auf diese goldenen Worte gehört, auch wenn der Oscar für die «Beste Moral» natürlich mit Neutralität nicht zu gewinnen ist.

Oft geht die Selbsternennung als moralische Instanz nach hinten los. Es nennt sich «Underdog-Effekt».

Ich bin nicht der Meinung, dass man sich einen guten Film nicht ansehen sollte, nur weil die Schauspieler nervige Ansichten haben; da sollte man abstrahieren können. Aber tatsächlich reagiert das Publikum empfindlich, wenn Prominente ihre Show-Plattformen nutzen (oder zweckentfremden), um sich moralische Urteile anzumassen. Was die Leute wollen, ist Unterhaltung – keine politische Predigt, und schon gar keine Kränkung ihres Intellekts. Binsenweisheit: Wenn du jemanden beleidigst, werden sie nicht leiser, sondern drehen die Lautstärke noch weiter auf. Oft geht diese Selbsternennung als moralische Instanz auch nach hinten los, weil die Sympathien unbewusst zu denjenigen tendieren, die beschimpft werden. Es nennt sich der «Underdog-Effekt».

 

Wähler als dumm oder ungebildet abzukanzeln, war noch nie eine erfolgreiche Strategie – egal, auf welcher politischen Seite man steht. Das hat Hillary Clinton mit ihren deplorables (Verachtenswerte) genauso wenig geholfen wie Robert De Niro, der Trump-Wähler als «naiv und blind» bezeichnete, oder der Moderatorin Sunny Hostin, die «ungebildete weisse Frauen» herabsetzte. Die Aussagen mögen in der eigenen Blase das Applausometer ausschlagen lassen wie ein Beyoncé-Konzert. Aber es ist naiv anzunehmen, dass solche abwertenden Bemerkungen beim Rest der Gesellschaft nicht als massivst elitär, herablassend und arrogant rüberkommen.

 

Dass immer mehr Menschen von den Meinungen der Stars unbeeindruckt bleiben, zeigen nicht nur die Wahlergebnisse in den USA, wo unzählige Promi-endorsements für Kamala Harris nicht das gewünschte Gehör fanden; die Wähler entschieden sich mehrheitlich nicht nach dem glamourösen «Who’s who», sondern nach den Ideen, von denen sie sich einen Nutzen in ihrer meist unglamourösen Lebensrealität erhoffen. Auch in Deutschland ist offensichtlich: Die Unterstützung von Influencern, Pop- und Filmstars für mehrheitlich linke und grüne Politik ist zwar medienwirksam (was sonst?), aber der popkulturelle Einfluss lässt sich nicht in Wählerstimmen umsetzen; bei der Europawahl 2024 konnten Union und AfD die meisten Stimmen hinter sich versammeln.

Celebrities dürfen selbstverständlich ihre Popularität nutzen und die Menschheit darüber informieren, wer naiv und ungebildet ist und wer nicht – allerdings halte ich es wie Ricky Gervais: Wenn du schon die Bühne betrittst, sei dir bewusst, dass es die Show ist, die zählt, und nicht dein Versuch, die Welt zu erziehen.

 

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