Wie wohl praktisch in jedem Golfklub treffen sich auch bei uns die älteren Herren jeden zweiten Donnerstag zur fröhlichen Runde im Seniorenklub, also ein Klub im Klub mit Vereinsstatuten, Kassenwart und natürlich mit Seniorencaptain und zwei Vizes. Mitglied werden in diesem internen Verein kann man ab fünfzig, wobei es sich von selbst versteht, dass sich Fünfzigjährige noch nicht als Senioren sehen, in deren Augen sind wir bloss alte Kläuse.

Tatsächlich liegt das Durchschnittsalter dieses aus rund 200 Mitgliedern bestehenden Grüppchens irgendwo nördlich von siebzig. Allerdings muss man zur Ehrenrettung festhalten, dass die meisten erstaunlich fit sind. Auch wenn manche über Knieschmerzen klagen und schon das zweite Hüftgelenk haben.

Max, unser Supercrack beispielsweise und uns allen ein Vorbild, ist über achtzig und in seiner Alterskategorie Schweizer Meister. Zum Single-Handicapper reicht es zwar knapp nicht mehr, aber er schlägt mit wenigen Ausnahmen noch fast alle. Sein Abschlag, annähernd 200 Meter weit, beeindruckt. Als ich ihn letzten Sommer im Matchplay – bei dem er mich ziemlich alt aussehen liess – fragte, wie er diese Weite noch schaffe, sagte er trocken: «Ich spiele einfach aus der Hüfte heraus.» Klar doch, so einfach ist das.

Auch die Italo-Aficionados sind frustriert, sie haben sich nach einem Brunello gesehnt.Natürlich gibt es wie in jedem Golfklub auch das weibliche Pendant zu uns Senioren. Aber hüten Sie sich, von «Seniorinnen» zu reden! In Golfklubs herrscht Stil und Anstand. Frauen werden in Golfklubs nie alt, entsprechend sind sie einfach die «Ladys».

Dass Golfer, insbesondere die Senioren, die nicht mehr unter Stress stehen, nach jeder Runde beim obligaten Bier oder Panaché noch stundenlang über die unmöglich gesteckte Fahne bei Loch 7 reden oder wie sie am Loch 15 links in den Wald hinuntergehauen haben, ist angesichts der nun reichlich zur Verfügung stehenden Rentnerzeit nachvollziehbar. Auch dass, weil nur selten noch einer sein Handicap spielt, praktisch jeder seinem Frust über die eigene miese Leistung Luft verschaffen muss.

 

Dézaley – oder nichts!

Doch es gibt noch ein anderes Thema, das den überwiegenden Teil der Senioren ebenso fasziniert wie der Lieblingssport: Es ist der Wein beziehungsweise die Weinkarte des Klubrestaurants. In den fachkundigen Nasen und Gaumen der Senioren hat der neue Restaurateur keine Ahnung von Wein, zudem kauft dieser offenbar viel zu teuer ein, anders seien die horrenden Preise auf der Karte nicht nachvollziehbar.

Jedenfalls bildet sich rasch ein Beratergremium, das dem Mann auf die Beine helfen soll. Der Herr ist wahrlich zu bedauern. Der Chasselas-Fraktion, die nach dem durststillenden Bier nach vollbrachten 18 Loch bei Tisch sitzenbleibt und zu edlerem Gesöff übergeht, passt der Féchy nicht. Wie komme man überhaupt auf die hirnrissige Idee, einen Weissen westlich von Lausanne, also von der Côte, in die Weinliste aufzunehmen; da wisse doch bald jeder Weinbanause, dass der einzig trinkbare Chasselas östlich von Lausanne, eben im Lavaux, angebaut werde. Oder, konkret: entweder ein Dézaley oder nichts.

 

Fehlschläge und unpassender Most

Die Chardonnay-Freaks am Nebentisch beklagen sich über den flachen Italiener, aber der Chablis, wiewohl um Welten besser, sei einfach zu teuer. Die Riesling-Freunde müssen sich mit einem angeblich faden aus der Wachau zufriedengeben, dabei wären doch die Gewächse aus dem deutschen Rheingau unschlagbar und sogar noch günstiger.

Beim Abendessen nach dem Donnerstagsseniorenturnier kommt Frust auf: Nicht schon wieder ein Spanier! Dabei weiss der Chef de Service, dass er mit seinem Ribera del Duero den Durchschnittsgeschmack am besten trifft. Aus logistischen Gründen serviert er ihn immer aus der Magnumflasche, so muss er nur halb so viele Flaschen öffnen. Auch die Italo-Aficionados sind frustriert: Sie haben sich nach einem Brunello gesehnt, am liebsten einem 2015er, während die Heimatverbundenen den angeblichen Irrsinn reklamieren, Flaschen aus dem Ausland herzukarren, obwohl es in der Bündner Herrschaft brillante Pinots oder im Tessin kräftige Merlots gebe, die locker mithalten könnten.

Interessanterweise fragt in unserer Runde niemand nach Bordeaux, vermutlich weil die meisten wissen, dass man schon sehr tief ins Portemonnaie greifen muss, um einen anständigen St-Emilion oder Pauillac zu bekommen.

Wie üblich findet vor dem Dessert die Rangverkündigung statt, selbstverständlich bestehen die Preise aus – ja woraus wohl. . .? Für den Sieger gibt es drei Flaschen Sangiovese, für den zweiten zwei und für den dritten noch eine Flasche. Bald ist es 22 Uhr, das Dessert ist gegessen, der Grappa gekippt. Nach all dem Bier, dem Weissen und dem reichlich nachgereichten Roten sehnen sich die Herren der Schöpfung nach Bettruhe. Man bedankt sich für die schöne Golfrunde, sagt «Tschau Sepp» und freut sich auf den übernächsten Donnerstag. Dann lässt sich wieder trefflich über Fehlschläge und unpassenden Traubenmost diskutieren.