Autofahren ist eine reine Routineangelegenheit», hat mir vor rund dreissig Jahren einmal ein ausdrucksstarker Unternehmer erklärt, der am Steuer seines schwarzen Mercedes-E-Klasse-Coupés jeweils Zeitung las, während er auf der Autobahn fuhr. Das war damals schon grober Unfug und ist es angesichts der Verkehrsdichte heute erst recht. In der Zwischenzeit könnte man zwar tatsächlich auf der Autobahn Zeitung lesen, moderne Assistenzsysteme übernehmen die Routineaufgaben, machen Langstrecken sicherer und lassen einen entspannter ankommen.
Die Meinungen gehen hier zwar auseinander, ich kenne einige Autobesitzer, die alle Technik in ihren Fahrzeugen haben, sie aber nicht nutzen. Der Grund dafür mag falsch verstandener Stolz, eine Form von technischem Kulturpessimismus oder bloss Ignoranz sein, jedenfalls sehe ich keinen Grund, nicht wenigstens einen Teil der Aufmerksamkeitsaufgaben auf Langstrecken an die zuverlässigen Systeme zu delegieren, die einen mit Radar und Stereokameras auf Abstand und in der Spur halten.
Darüber musste ich nachdenken, als ich kürzlich den neuen Porsche Cayenne S E-Hybrid gefahren bin. Das grosse SUV war in einem auffälligen Grasgrün lackiert, was etwas mehr Schein als Sein zum Ausdruck brachte. Denn abgesehen davon, handelt es sich um ein eher braves Fahrzeug im Katalog des Stuttgarter Herstellers. Die Ausnahme bestätigt die Regel: Der Cayenne Turbo GT, der leider nicht mehr angeboten wird, ist wohl eines der aufregendsten SUVs. Ansonsten ist der neue Cayenne ein komfortables Reisefahrzeug mit Platz und guter Übersicht, die (Verarbeitungs-)Qualität des Innenraums ist gewohnt hoch, und von aussen sieht der Cayenne, wenn auch nicht aufregend, so doch gefällig aus. Die Motorisierung mit einem Dreiliter-V6 und einer E-Maschine an der Hinterachse ist ebenso vernunftgeprägt wie das ganze Auto an sich. Normale Pendlerstrecken lassen sich rein elektrisch zurücklegen, der realistische Verbrauch sinkt so nach meiner Erfahrung auf zwei bis vier Liter pro hundert Kilometer, wenn man regelmässig die Batterie lädt.
Als ich zum ersten Mal auf die Autobahn fuhr, wollte ich die gewünschte Geschwindigkeit einstellen, was bei Modellen dieser Preiskategorie in der Regel bedeutet, dass sie das Fahren weitgehend selbsttätig erledigen. Zu meiner Überraschung war der Cayenne aber nicht mit dem cleveren Porsche-Innodrive ausgerüstet, der genau dies – und noch etwas mehr – übernimmt. Bei einer Sonderausstattung im Umfang von 52 120 Franken ist das eine Lücke, die nicht offenbleiben sollte. Ein gutes Reiseauto wie dieses nimmt einem etwas Arbeit ab, auch wenn man deswegen nicht gleich die Zeitung über dem Lenkrad ausbreiten muss.
Porsche Cayenne S E-Hybrid
Motor/Antrieb: 6-Zylinder-Turbo-V6, Elektromaschine, 8-Gang-Automatik, Allradsystem; Hubraum: 2995 ccm; Systemleistung: 382 kW (519PS); max. Systemdrehmoment: 750 Nm; Hochvoltspeicher (netto): 21,8 kWh; max. Ladeleistung: 11 kW; Reichweite (elektrisch): 71–78 km (WLTP); Verbrauch (WLTP): 1,6 l/100 km; Beschleunigung (0–100 km/h): 4,7 sec; Höchstgeschwindigkeit: 263 km/h; Preis: Fr. 135 200.–; Testwagen: Fr. 187 320.–
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