Auch wenn ich zu Autos ein durchaus emotionales Verhältnis habe, gehören gefühlsduselige Verklärungen in der Regel nicht zu den typischen Regungen, die mich am Steuer eines bestimmten Modells erfassen. Als ich kürzlich aber in den Audi Q8 55 e-tron stieg, ergriff mich tatsächlich ein zarter Anflug von Nostalgie.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich dabei war, als Audi in San Francisco sein erstes Elektrofahrzeug überhaupt enthüllte. Damit sollte eine neue Zukunftsstrategie eingeläutet werden, um die nach dem Dieselskandal etwas ramponierte Marke in eine neue Richtung zu manövrieren. Gewissermassen im Vorgarten von Tesla-Zampano Elon Musk verkündete das Unternehmen aus dem bayerischen Ingolstadt – ohne sich von so etwas wie Bescheidenheit aufhalten zu lassen: «Electric has gone Audi.»
In Amerika nennt man so etwas einen «bold move». Der neue Audi e-tron wurde zum Weltpremiere-Spektakel, unter anderem mit einem «Feuerwerk» aus Tausenden von Drohnen. Zu den Auffälligkeiten des Autos gehörten die schlanken Kameras, die seitlich dort angebracht waren, wo sonst gewöhnliche Aussenspiegel sitzen. Dafür wurde nun der Blick nach hinten als Livebild auf einem Farbdisplay in den Türinnenseiten wiedergegeben. Die Kamera-Rückspiegel gibt es im neuen Q8 55 e-tron immer noch, und eigentlich hat sich am ersten Elektro-Audi gar nicht so viel verändert. Er bleibt mit seiner kühlen, technizistischen Aura ein ästhetischer, gutgemachter Vertreter der Elektromobilität.
Jedenfalls schliesse ich das unter anderem aus einem Gespräch mit dem Zwölfjährigen auf dem Beifahrersitz, der sich auf dem Weg zum E-Gitarre-Unterricht das Interieur kritisch prüfend angeschaut und dann sehr anerkennend genickt hat. In seinen Augen sei ein solches Auto einem Sportwagen vorzuziehen, weil es einfach viel praktischer sei und mehr Platz biete, so das Fazit. Dieser Logik ist natürlich kaum zu widersprechen.
Was mich hingegen nostalgisch stimmte, war die Tatsache, dass man sich schon ziemlich an den Typ e-tron gewöhnt hat. Natürlich wurden bei Audi nicht einfach neue Typenbezeichnungen auf den Heckdeckel montiert. Optisch und technisch ist der Q8 e-tron an vielen Stellen verbessert beziehungsweise aufgefrischt worden. Eine waagrechte Lichtstrebe über den vier Ringen im Frontgrill etwa setzt einen neuen, feinen Akzent.
Ausserdem wurde etwa die Aerodynamik optimiert, und die Reichweite verlängert sich auf bis zu 594 Kilometer – je nach Ausstattung und Karosserieform. Auch die Ladeleistung wurde erhöht, was mit zunehmender Dichte an Elektrofahrzeugen eine immer wichtiger werdende Kennzahl wird. Denn: Unterwegs kurz, gezielt und schnell zu laden, ist sinnvoller, als lange und langsam Strom in die Batterie zu leiten. So viel haben wir nostalgischen Elektroautofahrer jedenfalls seit 2018 gelernt.
Audi Q8 55 e-tron S line
Motor/Antrieb: BEV-Elektromotor, Allradantrieb, 1-Gang-Getriebe; Leistung: 408 PS / 300 kW; max. Drehmoment: 800 Nm bei 2050–4500 U/min; Batteriekapazität: 106 kWh; Ladeleistung: bis zu 170 kW; Verbrauch (WLTP): 23 kWh / 100 km; Reichweite (WLTP): 571 km; Beschleunigung (0–100 km/h): 5,6 sec; Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h; Preis: Fr. 99 900.–; Testwagen: Fr. 134 920.–
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