Der hundertste Geburtstag der noch immer bestehenden Filmproduktionsfirma Praesens AG bietet Anlass, an die einstmalige unbestrittene Blütezeit des Schweizer Kinos zu erinnern.

Dabei war es keineswegs urhelvetisches Eigengewächs, das damals die hiesige Filmwelt prägte. Praesens-Gründer Lazar Wechsler war in Russisch-Polen in ein jüdisches Elternhaus geboren worden und hatte ein ETH-Studium absolviert. Ab 1933 wirkte hinter den Kulissen der zur Emigration gezwungene geniale Wiener Regisseur Leopold Lindtberg. Aus Berlin entflohen war der beste Produzent von Trickfilmen im deutschen Sprachraum, Julius Pinschewer.

In jener Zeit der geistigen Landesverteidigung ging es darum, dem totalitären Filmschaffen einen Gegenentwurf des freiheitlich-demokratischen Kleinstaates entgegenzusetzen. Noch immer liefen in unseren Kinos als Vorfilme die deutschen Wochenschauen, deren aufpeitschende Propaganda das Publikum allerdings zunehmend mit Pfiffen und Unmutsäusserungen begleitete.

Zwei Praesens-Filme, die in der Zeit des Ersten Weltkriegs spielten, wurden zu enorm erfolgreichen Kassenschlagern: 1938 der «Füsilier Wipf» mit dem blendend aussehenden Paul Hubschmid in der Titelrolle, während 1941 die umwerfend natürliche, bildschöne Anne-Marie Blanc die «Gilberte de Courgenay» verkörperte.

Dazu kamen so populäre Volksschauspieler wie die Zürcher Heinrich Gretler und Schaggi Streuli, der Bündner Zarli Carigiet oder der Basler Rudolf Bernhard.

Wegen der bis 1945 geschlossenen Grenzen wurde Hollywood erst mit Verspätung aufmerksam auf das bemerkenswerte Schweizer Filmschaffen. Produzent Lazar Wechsler erreichte für Praesens den internationalen Durchbruch mit kritischen, von der Zensur entsprechend kritisch beäugten Filmen, etwa über das Flüchtlingsmädchen «Marie-Louise» (1944) oder mit dem Kriegsdrama «Die letzte Chance» (1945).

Der Streifen «Die Gezeichneten» (1948) über Kinder in den Konzentrationslagern und deren Fluchterlebnisse mit Montgomery Clift in der Hauptrolle holte in Hollywood zwei Oscars und drei Golden Globes.

Es war eine Zeit, in der das Schweizer Filmschaffen noch Stars glänzen liess, bevor die Autorenfilme linker «Filmemacher» seit den sechziger und siebziger Jahren dem Glanz und Glitter, vor allem aber dem Publikum den Garaus machten.