Dieser Beitrag erschien zuerst am 19. Mai 2023 auf dem Online-Portal Nachdenkseiten. Die Redaktion.

«Ertüchtigungsbeihilfe» – allein dieser Begriff wäre schon ein heisser Kandidat für das Unwort des Jahres. Gemeint ist damit nicht etwa eine neue Sozialleistung für Opfer der hohen Energiepreise, sondern ein Finanzierungsprogramm für ukrainische Waffenkäufe. Zählt man die direkten Hilfen der Bundesregierung an die Ukraine zusammen, stösst man schnell auf diese Unworte, die nicht gerade geschickt maskieren, dass es hier um Waffenlieferungen geht.

Stand Dezember letzten Jahres summiert sich die «Ertüchtigungsbeihilfe» auf 1,36 Milliarden Euro. Hinzu kommen direkte Waffenlieferungen im Wert von 534 Millionen Euro, wobei dieser Wert deutlich zu niedrig angesetzt ist, da man die gelieferten Waffen nach ihrem Zeitwert bilanziert hat und die teils veralteten Waffensysteme, die man der Ukraine geschenkt hat, oft bereits nahezu komplett abgeschrieben waren. Würde man diese Waffen – wie man es ja ansonsten gerne bei Drogen macht – nach ihrem «Strassenwert» bilanzieren, kämen auch hier mehrere Milliarden zusammen.

Schlechter bilanzieren lassen sich die Waffenlieferungen, die – ebenfalls ein Kandidat für das Unwort des Jahres – unter dem «Ringtausch» subsummiert werden. Dabei schenkt Deutschland osteuropäischen Staaten Waffen, die wiederum als Gegenleistung Waffensysteme aus ihrem Bestand, mit denen die Ukraine angeblich mehr anfangen kann, der Ukraine schenken.

In Summe kam man, Stand Dezember 2022, mit diesen meisterlich nach unten schöngerechneten Zahlen auf eine Militärhilfe in Höhe von 2,36 Milliarden Euro. Hinzu kamen 2,5 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe und 1,3 Milliarden Euro direkte Finanzbeihilfen, also geschenktes Geld. Zählt man die jüngsten Schenkungen hinzu, kommt man auf die glatte Summe von 10 Milliarden Euro.

Diese Summe wird auch gerne genannt, wenn es um die deutschen Hilfen geht; natürlich stets im Vergleich zur viel höheren Summe von 73,1 Milliarden Euro, die angeblich die USA an Hilfsleistungen für die Ukraine in ihrem Staatshaushalt mobilisiert haben sollen. Die Botschaft: Da Deutschland weniger als ein Siebtel der US-Hilfen zur Verfügung gestellt hat, ist Deutschland geizig. Doch das ist eine Milchmädchenrechnung.

Zum direkten deutschen Anteil hinzu müsste man nämlich noch die Hilfen der EU-Institutionen zählen, schliesslich gehört Deutschland – anders als die USA – zur EU, finanziert die EU und ihre Institutionen mit, über die ganz offiziell grosse Teile der Ukraine-Hilfen der EU-Mitgliedsstaaten abgerechnet werden. Und das ist nicht eben wenig.

Allein bei der Finanzhilfe, also den Geldschenkungen, liegt die EU mit einer Summe von 30,32 Milliarden Euro noch vor den USA an erster Stelle. Zählt man also die rund 24 Prozent der EU-Hilfen von 35 Milliarden Euro, die dem deutschen Finanzierungsanteil der EU entsprechen, hinzu, kommt man auf 18,4 Milliarden Euro deutscher Hilfszahlungen für die Ukraine. Das ist pro Kopf und im Verhältnis zum BIP deutlich mehr als die Hilfszahlungen der USA.

Doch dabei bleibt es natürlich nicht. Deutlich höher als die direkten Kosten der Kriegspolitik sind die indirekten Kosten. Dies fängt mit dem «Sondervermögen» in Höhe von 100 Milliarden Euro an, das die Bundesregierung im Rahmen der «Zeitenwende-Rede» der Bundeswehr zur Verfügung gestellt hat. Dabei wird es freilich nicht bleiben, aber bei dieser Überschlagrechnung soll es ja auch erst einmal nur um die bereits zu beziffernden Kosten der Kriegspolitik für den deutschen Steuerzahler gehen. Und hier machen die indirekten Kosten, die für die Folgen des Wirtschaftskriegs, den Deutschland als Reaktion auf den Ukraine-Krieg gegen Russland führt, den grössten Batzen aus.

Ganze 250 Milliarden hat die Bundesregierung mobilisiert, um den Anstieg der sanktionsbedingt steigenden Energiepreise für Verbraucher und Wirtschaft abzufedern. Hinzu kommen direkt zu beziffernde 34,5 Milliarden Euro, die der Staat aufbringen musste, um den Energiehandelskonzern Uniper zu «retten», der nur aufgrund der weggefallenen russischen Erdgaslieferungen in Schieflage geraten ist.

Würde man mit spitzem Bleistift rechnen, müsste auch noch die Steuermindereinnahmen, die hauptsächlich wegen des Konjunktureinbruchs infolge des sich aus der Sanktionspolitik ergebenden Preisschocks entstehen, hinzuzählen. Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt für die Jahre 2022 bis 2024 hier auf die gigantische Summe von 164,6 Milliarden Euro.

Zählen wir all diese Zahlen zusammen, kommen wir auf die gigantische Summe von 577,4 Milliarden Euro – also mehr als 14.000 Euro pro Haushalt! Dafür gibt es schon fast eine Wärmepumpe.

Ich würde mal sagen, da kann der «liebe Wolodymyr» schon sehr dankbar sein. Sein neuer Duzfreund, der liebe Olaf, ist äusserst grosszügig … Vielleicht nicht für sich selbst, aber doch im Namen der von ihm regierten Bürger.

Jens Berger ist freier Journalist und Chefredaktor der Nachdenkseiten. Er publizierte mehrere Sachbücher, darunter «Der Kick des Geldes» (Westend, 2015) und der Spiegel-Bestseller «Wem gehört Deutschland?» (Westend, 2014).

Jens Berger ist freier Journalist und Chefredaktor der Nachdenkseiten. Er publizierte mehrere Sachbücher, darunter «Der Kick des Geldes» (Westend, 2015) und der Spiegel-Bestseller «Wem gehört Deutschland?» (Westend, 2014).