Korpskommandant Thomas Süssli ist als Armeechef verantwortlich für die Entwicklung und Führung der Schweizer Armee. Er war am Samstag Gastreferent an der Mitgliederversammlung der kantonalen Zürcher Offiziersgesellschaft.
In der anschliessenden Fragerunde sagte Armeechef Süssli wörtlich: «Wir alle hoffen, die Ukraine wird gewinnen.»
Zweifellos ist diese Hoffnung in der Schweizer Bevölkerung weit verbreitet und gut verständlich. Trotzdem hat Thomas Süssli in offizieller Mission und in Uniform zu schweigen. Im privaten Kreis darf er selbstverständlich wie alle Bürger seine Hoffnungen äussern. Aber er kommandiert die Armee eines neutralen Staates.
General Henri Guisan hätte sich gehütet, im Zweiten Weltkrieg den Deutschen öffentlich die Niederlage zu wünschen. So sehr er diese persönlich herbeigesehnt hat – wie übrigens fast alle Schweizer. Als seine neutralitätspolitisch bedenklichen Absprachen mit der französischen Armee den Deutschen durch einen Aktenfund bekannt wurden, brachte er unser Land in ernste Gefahr.
Auch General Ulrich Wille hat sich im Ersten Weltkrieg einmal verrannt. Grundsätzlich akzeptierte der deutschfreundliche Oberbefehlshaber das Primat der (neutralen) Politik. Dennoch schrieb Wille im Sommer 1915, dass er «den gegenwärtigen Moment für das Eintreten in den Krieg als vorteilhaft erachte».
Eine kluge Neutralitätspolitik verbietet Süssli öffentliche Äusserungen, wie er sie sich vor den Zürcher Offizieren erlaubt hat. Ein Armeechef darf sich nicht so gehen lassen. Wer Disziplin von den Untergebenen verlangt, muss sie auch selber vorleben.