«Niemand ist so schlecht wie sein Ruf, aber auch niemand so gut wie sein Nachruf.» An diese Appenzeller Redensart gemahnen die tiefempfundenen, wohlwollenden und warmherzigen politischen Nachrufe auf den zurücktretenden Grünen-Präsidenten Balthasar Glättli.

Diese stammen von Journalistinnen und Journalisten, deren Herzen in der Regel ziemlich links schlagen. Und – so lassen die schönen Worte zum Rücktritt vermuten – in der Regel eher Richtung Grüne als Richtung SP. Darum wimmeln die Artikel über Balthasar Glättli nur so von wohlwollenden Adjektiven wie «hochanständig» und «liebenswürdig».

Nicht weniger als neun Minuten widmete die Sendung «10 vor 10» des Schweizer Fernsehens SRF dem Präsidenten der Grünen Partei. Da fielen Zitate über Glättli, die vom «genialen Analytiker und Denker» über den «Superstrategen», «hervorragenden Strategen» bis zum «hochintelligenten Politiker» reichen. Er sei «immer sehr selbstkritisch», habe «den richtigen Moment für seinen Abgang gewählt» und werde deshalb auch «unbeschädigt daraus hinauskommen».

«Glättli geht mit Grösse», titelte fast schon ehrfurchtsvoll die NZZ. Das Blatt wies aber auch darauf hin, dass es sich beim Grünen-Chef bezüglich Abstimmungsverhalten um den linkesten Parlamentarier des ganzen Nationalrats gehandelt habe. Mehr Sozialismus, Umverteilung, Staatsallmacht und Bürokratie gehen nicht.

Wie hätten wohl die Medien einen Politiker verabschiedet, der in seinem Stimmverhalten ganz rechts auf der Skala gestanden wäre? Da würden wir wohl nichts hören von Liebenswürdigkeit, Intelligenz, strategischem Genie und Selbstkritik. Dafür sehr viel von Intoleranz, Eigensinn, Sturheit und sozialer Kälte.

Aber geben wir zum Schluss noch einmal Balthasar Glättli bei SRF das Wort: «Die Grünen haben ganz viel Zukunft.» Sie hätten überhaupt «das zweitbeste Resultat ihrer Geschichte gemacht», so dass er «ganz viel Feuer» in sich spüre. Der Kabarettist Emil hätte in seiner genialen Nummer vom «Wahlverlierer» den verzweifelten Optimisten nicht besser geben können.