Die Schweiz am Wochenende hat Kenntnis der Protokolle von Einvernahmen, die der ausserordentliche Staatsanwalt des Bundes, Peter Marti, mit Gesundheitsminister Alain Berset und dessen Kommunikationschef Peter Lauener geführt hat.
Dabei hält Sonderstaatsanwalt Marti Bundesrat Berset sowie Lauener aufgrund von sichergestellten E-Mails vor, dass mehrmals vertrauliche Informationen aus dem Gesundheitsdepartement direkt an den Ringier-Verlag weitergegeben worden sind. Und zwar nicht an einen Journalisten, sondern sogar an den CEO Marc Walder, der während der Covid-Pandemie laut Recherchen des Nebelspalters von seinen Mitarbeitern eine regierungsnahe Berichterstattung eingefordert hat.
Nun sei aber – so Sonderstaatsanwalt Marti gegenüber Berset – der Bundesrat eine Kollegialbehörde; die Entscheidfindung finde im Gesamtgremium statt und die Information der Öffentlichkeit erfolge jeweils im Anschluss an die Bundesratssitzungen. Dies sei in Verfassung und Gesetz so geregelt. Eine vorgängige Information eines einzelnen Medienhauses wäre also zweifellos illegal und damit strafbar.
Dieser Einschätzung stimmte Alain Berset Befragung voll und ganz zu. Staatsanwalt Marti stellte Berset auch Fragen nach allfälligen Gegenleistungen von Ringier, die etwa in unkritischen Interviews oder Besuchen von Anlässen des Medienkonzerns bestanden haben könnten.
Die mehrfachen Leaks aus Bersets Departement vor wichtigen Entscheidfindungen des Bundesrates in der Covid-Politik haben den Bundesrat zweifellos stark unter Druck gesetzt, seine Beschlüsse beeinflusst und gar zu Fehlentscheidungen geführt. Dementsprechend hat sich jedenfalls der damalige Bundesrat Ueli Maurer geäussert.
Politisch bedeuten die neusten Enthüllungen der Schweiz am Wochenende, dass der amtierende Schweizer Bundespräsident Alain Berset schweren Turbulenzen entgegengeht. Denn durch die Indiskretionen seines Departements wurde die Landesregierung in seiner Pandemiepolitik hintergangen und letztlich beschädigt.
Dass Alain Berset nichts vom Treiben seines Kommunikationschefs gewusst hat, scheint äusserst unwahrscheinlich. Spätestens nach Erscheinen der ersten Indiskretion im Blick hätte er Lauener nach dem Leck befragen müssen. Stattdessen erschienen dort immer weitere Indiskretionen. Selbstverständlich muss die Staatsanwaltschaft auch den Telefonverkehr zwischen Berset und Walder untersuchen. Doch selbst wenn Berset über Laueners Umtriebe völlig ahnungslos gewesen wäre: Er trägt die volle politische Verantwortung für seinen engsten früheren Mitarbeiter.
Auch für die Glaubwürdigkeit des Unternehmens Ringier ist der mutmassliche Geheimnisverrat der Bundesverwaltung äusserst unangenehm. Denn er zeigt, wie sehr sich CEO Marc Walder instrumentalisieren liess, Teil des staatlichen Apparats wurde und sich damit vom journalistischen Auftrag entfernte.
Für Bundespräsident Alain Berset aber wird der Indiskretions-Skandal zu einer Frage des politischen Überlebens. Als Staatsanwalt Marti den Magistraten übrigens wegen seinen Kontakten zu einer namentlich genannten Journalistin des Sonntagsblick befragte, wich dieser aus. Auf die konkrete Nachfrage antwortet Berset: «Ich mache keine Aussage. Ich bin hier in einer ungemütlichen Situation, weil ich nicht weiss, was dieses Thema soll. Ich möchte mich ja auch nicht strafbar machen.»
P.S. Für die Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
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