Die EU überschreitet gerade eine gefährliche Grenze. Es ist die zwischen einem Staatenbund, der sich an Recht und Gesetz hält, und einem Bündnis, das aus Machtinteressen willkürliche Entscheidungen trifft und damit seinen Ruf und die eigene Stabilität gefährdet.

Es geht um den nächsten Milliarden-Kredit für die Ukraine, den das Land braucht, um im Krieg weiter gegen den Angreifer Russland bestehen zu können. Fünfzig Milliarden US Dollar wollen die USA, Kanada und auch die EU so absichern, dass sich die Ukraine den Kredit leisten kann. Achtzehn Milliarden davon kommen voraussichtlich von der EU, wie der deutsche Finanzminister Christian Lindner bestätigt hat.

Worüber keiner in der EU so gern spricht: Das Geld dafür stammt aus den Zinserträgen der in Europa eingefrorenen Vermögen russischer Oligarchen. Das ist praktisch, weil es die EU nichts kostet und die russischen Unternehmer gleichzeitig hart trifft. Es ist so gesehen eine der schmerzhafteren Sanktionen der EU.

Völkerrechtlich ist das Ganze allerdings höchst umstritten. Wenn Brüssel die russischen Oligarchen, deren Geld auf europäischen Konten liegt, wie mutmassliche Straftäter behandelt und ihre Vermögen einfriert, ist das noch vom Recht gedeckt.

Wenn sie aber anfängt, auch nur die Zinserträge dieser Vermögen anzugreifen und wie in diesem Fall zur Absicherung eines Kredits zu verwenden, schafft sie Tatsachen, ohne dass die Betroffenen vor dem Richter gestanden haben, geschweige denn verurteilt sind. Das hat etwas Willkürliches.

Die Entscheidung ist damit ein fatales Signal: Der europäische Finanzplatz ist offenbar kein vom Recht, sondern ein von der Politik bestimmter Raum. Und das ist für Investoren, ganz gleich, woher sie kommen, eine schlechte Nachricht.