Staatspräsidenten, wenn sie nicht Emmanuel Macron oder Wladimir Putin heissen, stehen nicht im politischen Alltagsstress. Entsprechend entspannt sind ihre Terminkalender.

Wenn also der deutsche Bundespräsident zwischen zwei lange geplanten Besuchen alles über den Haufen wirft und Hals über Kopf nach Washington fliegt, dann ist das etwas nie Gehörtes.

Und etwas Unerhörtes – im Sinne von unverschämt.

Joe Biden schnippt mit den Fingern – und das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland kommt gerannt.

Fadenscheinig ist die Begründung für den Blitzbesuch: der Tag der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Den gibt es seit 1987 und er kommt jedes Jahr so überraschend wie Weihnachten.

Es muss mehr hinter dem Trip stecken, zumal da Steinmeier auch mit dem CIA-Chef zusammentraf. Was hat der qua Verfassung der Tagespolitik entrückte Präsident mit einem Geheimdienstmann zu besprechen?

Der Verdacht drängt sich auf, dass es um den derzeit grössten Elefanten im Raum amerikanisch-deutscher Beziehungen gehen könnte: die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines mit – vermutlich – CIA-Beteiligung.

Am plausibelsten erscheint, dass man Steinmeier eine Botschaft mitgab, die er dem Bundeskanzler übermitteln soll.

Der Bundespräsident als Botenjunge der USA? Das versteht Biden wohl unter Augenhöhe.