Der sogenannte Holodomor – also die durch Stalins Regime 1932/1933 herbeigeführte vorsätzlich geplante Hungersnot in der UdSSR – wird nach dem Willen des deutschen Parlaments zum Genozid erklärt.

Aus historischer Sicht ist dies gleich in mehrerer Hinsicht problematisch. Vorab ist die rein politische Absicht hinter dem Entscheid mit Händen zu greifen: Die Russen sollen offiziell zum Tätervolk, die Ukrainer zum Opfervolk erklärt werden. Das passt der Berliner Politelite angesichts des Ukraine-Kriegs bestens ins Konzept.

Obendrein kommt es den Abgeordneten der Bundesrepublik gelegen, neben der historisch tatsächlichen Einmaligkeit des Holocaust der Nazis an den Juden weitere Völkermorde in die Geschichtsbücher zu stemmen. Etwa jene in Armenien, Ruanda, Guatemala, Bangladesch, Burundi, Bosnien und so weiter und so weiter.

Genau wie Deutschlands Aussenministerin Annalena Baerbock neuerdings im Zusammenhang mit Russland und dem Ukraine-Krieg von einem «Zivilisationsbruch» spricht. Dieser Begriff war bislang einzig und allein der nationalsozialistischen Terrorherrschaft der Jahre 1933 bis 1945 vorbehalten.

Stalins Zwangskollektivierung war nichts anderes als eine gewaltige Steuerschraube unter staatlichem Einzug grosser Teile der Ernten. Diese betraf weniger die Ukrainer als Volksgruppe, sondern vielmehr die bedeutende Getreidekammer.

Die zentralrussische Schwarzerde-Region, die Ebenen des Don, des Kubans, des nördlichen Kaukasus und ein Grossteil von Kasachstan waren ebenfalls von der Hungerkatastrophe betroffen. Aber auch in den Agrargebieten der Region Moskau stieg die Sterblichkeitsrate im ersten Halbjahr 1933 um 50 Prozent, in der russischen Stadt Iwanowo um 35 Prozent.

Von den Millionen damaliger Hungersopfer ausserhalb der Ukraine spricht man weniger gerne unter der Kuppel des Berliner Reichstags-Gebäudes. Denn in Kasachstan beispielsweise herrscht momentan kein Kriegsheld Selenskyj, sondern der weniger geliebte Präsident Toqajew.