Bereits während Corona war Hans-Jürgen Papier als Mahner aufgetreten. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts kritisierte viele der Massnahmen. Man habe nicht richtig abgewogen zwischen dem Schutz vor dem Virus und den Grundrechten.

In einem Interview mit dem ZDF legt Papier nun nach. Die Gremien, die Entscheidungen getroffen haben, seien in der Verfassung gar nicht vorgesehen und seien «paralegal», also nebengesetzlich, gewesen. Das vom Volk gewählte Parlament habe sich aus dem ganzen Prozess herausgezogen.

Nun müsse eine Enquetekommission eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass in Zukunft in vergleichbaren Fällen die demokratiestaatlichen Grundsätze gewahrt werden. Dabei handelt es sich um überfraktionelle Arbeitsgruppen im Bundestag.

Ein Untersuchungsausschuss sei der falsche Weg, weil dieser nach Schuldigen suche und die Spaltung in der Gesellschaft nur vergrössere. Jetzt gehe es darum, «zukunftsorientierte Strategien zu entwickeln».

Dennoch solle auch eine Enquetekommission «begangene Fehler oder getroffene Fehlentscheidungen aufdecken», um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Der Staat müsse künftig lernen, angemessen auf Notlagen zu reagieren und dabei Demokratie und Rechtsstaat weiter wahren.

Papier hatte bereits 2021 in der Weltwoche gesagt, der Staat entwickle «fast autoritäre Züge». Schon damals forderte er eine Aufarbeitung der «unverhältnismässigen Beschränkungsmassnahmen».