Auch Experten können irren. Finanzmarktexperten vorneweg.

Es sei so schwer, sagte zum Beispiel vor einem Monat ein Analyst namens Jordan Rochester von der japanischen Mizuho Bank «optimistisch für den Euro zu sein». Die Parität zwischen Euro und Dollar sei unausweichlich. Die beiden Gründe, da waren sich alle Experten einig: Die Zinssenkungsspirale der Europäischen Zentralbank, die den Euro billiger macht. Und: Trumps Zölle, seine Amerika-First-Politik, die den Dollar teurer werden lässt.

So weit, so falsch.

Seit dieser Woche hat die europäische Gemeinschaftswährung den Turbo angeworfen. Sie legt um mehr als vier Prozent auf inzwischen 1,09 Dollar für den Euro zu. Auf dem Devisenmarkt sind solche Steigerungen eine Sensation. Auch gegenüber dem Franken notiert die europäische Währung auf dem ersten Hoch des Jahres.

Was ist passiert?

In einer nicht zufällig konzertierten Aktion haben Deutschlands Kanzler in spe Friedrich Merz, sein bevorzugter Koalitionspartner Lars Klingbeil von der SPD, sowie Merz Parteikollegin, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Ausgabenprogramm für Rüstung und Infrastruktur angekündigt, das zum ersten Mal in der Geschichte der EU auch die US-Dimensionen gewohnten Anleger an den Finanzmärkten beeindruckt. Das, was in Washington seit Generationen von Präsidenten gang und gebe ist, nämlich Schulden zu machen, bis er Arzt kommt, soll jetzt auch in Berlin und Brüssel passieren.

Den Euro stärkt das erst einmal, weil die Europäer gewaltige Mengen Geld in ihre Wirtschaft pumpen und damit die Nachfrage anheizen werden. Das erzeugt Wachstum und steigende Preise, die EZB muss sich dem Inflationsdruck entgegenstemmen und den Zins mittelfristig wieder anheben. Der Dollar wiederum leidet, weil die ersten Risse in Trumps Politik sichtbar werden. Seine Zölle schaden der eigenen Wirtschaft, der Präsident wirkt erratisch, weil er sie diese Woche gegen Mexiko und Kanada erst verhängte und dann wieder zurücknahm. Frühindikatoren wie die langfristigen US-Zinsen trüben sich ein.

Und schon springen wieder Experten auf den Zug und sehen einen Trend: Der Dollar sei nicht länger der sichere Hafen. «Die Geschwindigkeit und das Ausmass der globalen Veränderungen ist so enorm, dass man über die Möglichkeit eines Verlusts dieser Sonderrolle nachdenken muss», schreibt zum Beispiel George Saravelos von der Deutschen Bank.

Kann sein, kann auch nicht sein. Klar ist aber: Was in dieser Woche politisch auf beiden Seiten des Atlantiks passiert ist, hat eine Trendwende am Devisenmarkt herbeigeführt. Bis auf weiteres.