Der Staat ist ein schlechter Eigentümer. Das liegt daran, dass dort niemand für Fehlentscheidungen haften muss – mit Ausnahme der Steuerzahler. Deutschland belegt diese These gerade gleich in Serie. Angesichts eines Staatshaushaltes, der aus dem Ruder läuft, greift der Staat da massiv ein, wo er bei Unternehmen Einfluss hat.

Drei eklatante Fälle werden gerade verhandelt. Da ist die Commerzbank. Sie ist tief verbunden mit den vielen mittelkleinen und mittelgrossen Unternehmen, in denen die meisten im Land ihre Brötchen verdienen. Sie ist die Mittelstandsbank. Wäre irgendwie schade, wenn sie von Mailand herausgeführt würde, oder? Genau das zeichnet sich aber ab: Die italienische Unicredit will sie übernehmen.

 

Scholz: «Unfreundliche Attacke»

Die Initialzündung zur Übernahme gab die Regierung, die den Staatsanteil an der Commerzbank, den ihre Vorgänger in einer Rettungsaktion während der Finanzkrise erworben hatten, meistbietend an die italienische Konkurrenz verhökerte. Zwei hochrangige Regierungsmitglieder machen dabei eine schlechte Figur. Der eine ist beamteter Staatssekretär im Kanzleramt von Olaf Scholz: Jörg Kukies, er war selbst einmal Investmentbanker und hat im entscheidenden Augenblick nicht gehandelt. Der andere ist Finanzminister Christian Lindner. Er hat nicht rechtzeitig den Alarmknopf gedrückt, als die italienische Konkurrenz zum Angriff überging. Ihm untersteht die Finanzagentur des Bundes in Frankfurt, die den nächtlichen Deal abgewickelt hat. Als die Commerzbank am nächsten Morgen aufwachte, hatte sie einen neuen Grosseigentümer, der bisher ihr Konkurrent gewesen war. Scholz sprach von einer «unfreundlichen Attacke» der Unicredit. Der Satz grenzt an Heuchelei, denn schliesslich ist es seine Regierung, die die Attacke hätte verhindern können. Commerzbank-Chef Manfred Knof hat deswegen, anstatt den Abwehrkampf zu organisieren, in dieser Woche hingeworfen.

Der zweite Fall ist noch gar nicht in die Köpfe der Deutschen gedrungen. Die Speditionstochter des Staatsunternehmens Deutsche Bahn, DB Schenker, wird verkauft. Für 14,3 Milliarden Euro geht der einzig verbliebene Gewinnbringer des hochverschuldeten Staatskonzerns an den dänischen Logistikkonzern DSV. Der Erlös soll bei der DB zum Schuldenabbau dienen – Schulden, für die am Ende der Staat als Eigentümer geradesteht.

Der Verkauf ist heikel. Nicht nur weil DSV im Ruf steht, Wettbewerber aus dem Weg zu räumen. 2019 schluckten die Dänen die Schweizer Panalpina und setzten anschliessend ein Drittel der Belegschaft an die Luft. Auch für DB Schenker sieht es schlecht aus. Arbeitsplätze werden allenfalls zwei Jahre garantiert, der Name soll verschwinden. Damit aber nicht genug: Deutschland ist logistische Drehscheibe der Nato, wie etwa der ehemalige Inspekteur der Streitkräftebasis, Generalleutnant a. D. Martin Schelleis, betont. 

Der gesamte Nachschub bis hin zu Kampfpanzern und Haubitzen für die Ukraine wird über die Schiene abgewickelt. Um die Möglichkeit zur Verlegung per Schiene jederzeit aufrechtzuerhalten, dürfen sich einige Lokführer nicht an Streiks beteiligen. Doch nun geht DB Schenker, welche die militärische Logistik per Schiene leistet, an die Dänen. Jedenfalls wenn der DB-Aufsichtsrat, von dem das Ja noch aussteht, nicht die Notbremse zieht. Doch in dem Gremium sitzt der klamme Staat am Drücker. 

Dritter Fall: VW. Der ehemals grösste Autobauer der Welt ist hoffnungslos ins Hintertreffen geraten, weil sich sein Ex-Vorstand Herbert Diess auf Versprechen der beiden Landespolitiker in seinem Aufsichtsrat verlassen hat, die E-Mobilität zu subventionieren. Wie kein anderer Lenker eines Autokonzerns stellte Diess die Produktion auf Elektromodelle um. So wollte es zum Beispiel Julia Willie Hamburg, 38-jährige grüne Kultusministerin, ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen im niedersächsischen Landtag mit Abitur und abgebrochenem Studium der Politikwissenschaft, Philosophie und Philologie. Sie sitzt qua Amt im VW-Aufsichtsrat. 

In dem Konzern läuft gegen das Land und die Arbeitnehmervertreter nichts. Eine Strategie wie bei BMW, wo nach wie vor der Verbrennermotor weiterentwickelt wird, ist bei VW undenkbar. 

 

Werkschliessungen und Entlassungen

Die Folge: Nachdem die Finanzpolitiker 2023 über Nacht die Subventionen für E-Autos gestoppt haben, stottert der Absatz der viel zu teuren VW-Elektroautomobile und der Konzern blutet aus. Diess ist längst Geschichte, sein Nachfolger muss es nun richten. Er kündigt Werkschliessungen und Entlassungen an. Wetten, dass er damit gegen den Staat in den eigenen Reihen nicht durchkommt? Der wird eher Subventionen an VW vergeben – es wäre schliesslich nicht sein Geld, sondern das der Steuerzahler, das er da zum Fenster rausschmeissen würde.