Deutschland leistet sich ein Feigenblättchen, das ein Mehr an direkter Demokratie vorgaukelt.

Es heisst Bürgerrat, ist eine Idee der Ampel-Regierung und wurde 2021 im Koalitionsvertrag beschlossen: «Wir werden Bürgerräte zu konkreten Fragestellungen durch den Bundestag einsetzen und organisieren. Dabei werden wir auf gleichberechtigte Teilhabe achten. Eine Befassung des Bundestages mit den Ergebnissen wird sichergestellt», steht darin.

Drei Millionen Euro waren im Haushalt 2023 dafür reserviert. Als Thema für die Bürgerrat-Premiere hatte sich die Bundesregierung die harmlose Überschrift «Ernährung im Wandel» ausgesucht.

160 Frauen und Männer haben sich jetzt mit Hilfe ausgewählter Moderatoren redlich bemüht und am Sonntag der Bundestagspräsidenten Bärbel Bas ihre Vorschläge vorgelegt. Sie reichen vom Verbot von Energydrinks für Kinder bis zu weniger Steuern auf gesunde Lebensmittel. Jetzt werden die Vorschläge ins Parlament gegeben, kommen dann in die Ausschüsse, und am Ende entscheidet der Bundestag, was mit ihnen passiert.

Das Ganze sei ein «innovatives Beispiel für lebendige Demokratie», lobte die Linkspolitikerin Bärbel Bas. Warum sie unrecht hat?

Deswegen: Demokratie wird nicht gefördert, wenn staatlich organisierte, finanzierte und moderierte Bürgerräte tagen. Mehr Demokratie entsteht nur durch eine tolerante Debattenkultur, die sich am Gemeinwohl orientiert und abweichende Meinungen nicht als Hetze diffamiert.

Davon ist Deutschland jedoch entfernter als je zuvor in seiner Nachkriegsgeschichte.