Tucker Carlson ist bei weitem nicht der einzige westliche Journalist, der sich um ein Interview mit Putin bemüht hat.
Warum hat es der Amerikaner geschafft?
Carlson habe den Zuschlag erhalten, weil er sich von der «einseitigen» Berichterstattung vieler westlicher Nachrichtensender über den Ukraine-Konflikt unterscheide, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
Carlsons Ansatz sei «keineswegs pro-russisch, nicht pro-ukrainisch, sondern pro-amerikanisch».
Fakt ist: Carlson hat nie in den Kritiker-Kanon westlicher Medien eingestimmt.
Dreimal hat die Weltwoche mit dem wohl einflussreichsten Journalisten der Welt ein Interview geführt. Stets äusserte sich Carlson neugierig und positiv über den russischen Präsidenten.
Ganz im Gegensatz zu Joe Biden, der Putin bereits vor Jahren einen «Diktator» nannte und zum Feindbild erklärte.
«Ich schäme mich nicht dafür, dass ich Wladimir Putin interviewen möchte. Ich halte Putin nicht für einen schlimmen Feind der Vereinigten Staaten», so Carlson im Juli 2021 im Interview mit der Weltwoche.
Nun konfrontierte Carlson Putin direkt mit in den USA verbreiteten Ängsten: Biden und viele Republikaner seien der Überzeugung, man müsse «die ukrainischen Bemühungen weiterhin finanzieren, da sonst US-Soldaten dort (in der Ukraine) in den Kampf ziehen könnten. Wie beurteilen Sie das?»
«Das ist eine Provokation und eine billige Provokation noch dazu», erwiderte Putin.
«Haben die Vereinigten Staaten das nötig? Und wozu? Tausende von Meilen entfernt von ihrem nationalen Territorium. Haben sie denn nichts Besseres zu tun? Sie haben Probleme an der Grenze. Probleme mit der Migration, Probleme mit der Staatsverschuldung. Mehr als 33 Billionen Dollar … Wäre es nicht besser, mit Russland zu verhandeln?»
Schliesslich habe Russland ja die Ukraine angegriffen, gab Carlson zu bedenken. Das lasse befürchten, dass Putin «territoriale Absichten über den Kontinent hinweg» habe.
Putin stritt dies kategorisch ab: «Das steht ausser Frage.»
Carlson hakte in diesem wichtigen Punkt nach: «Können Sie sich ein Szenario vorstellen, in dem Sie russische Truppen nach Polen schicken?»
«Nur in einem Fall», so Putin, «wenn Polen Russland angreift. Und warum? Weil wir kein Interesse an Polen, Lettland oder sonst wo haben.»
Damit schien Putin zu bestätigen, was Carlson bereits in seinem Gespräch mit der Weltwoche vermutet hatte:
«Ich denke, die Hysterie um Putin ist lächerlich. Sie ist peinlich. Es ist eindeutig ein Ablenkungsmanöver.»
Wovon sollte abgelenkt werden? «Die Amerikaner sollen davon überzeugt werden, dass Russland die wahre Bedrohung sei, vielleicht merken sie dann nicht, dass China daran ist, unser Land zu übernehmen. Denn offenkundig ist es das, was gerade geschieht.»
Putin scheint da fundamental anderer Meinung als Carlson zu sein: «Chinas aussenpolitische Philosophie ist nicht aggressiv», so der Kreml-Chef. «Die Idee ist, immer nach Kompromissen zu suchen.» Auch hier würden die USA Propaganda verbreiten: «Man erzählt uns immer die gleiche Schreck-Geschichte.»
Putin lobte Xi Jinpin über den Klee, er nannte ihn gar «meinen Freund».
«Gemeinsam haben wir uns zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr ein gegenseitiges Handelsvolumen von 200 Milliarden Dollar mit China zu erreichen.» Man sei bereits bei 240 Milliarden Dollar.
Sollten sich die Amerikaner weiter von China abwenden, sei dies ein grosser Fehler. «Es ist zu Ihrem eigenen Schaden, Mr. Tucker, dass Sie die Zusammenarbeit mit China einschränken», so Putin. «Sie schaden sich damit selbst.»
Ich fand das Interview vor allem langweilig und ohne neuen Informationen - und das bei 127 Minuten Dauer. Carlson hat die Gesprächsführung komplett abgegeben, das sollte man als Interviewer nicht tun. Sonst betett ein Politiker seelenruhig sein ganzes Parteiprogramm herunter, um keine schwierigen Fragen beantworten zu müssen. Und genau das ist geschehen. Meine Meinung.
In einer der hervorragenden Talkrunden von France 24 auf You Tube hat irgend ein teilnehmender Fritz gemeint, bei Tucker handle es sich doch nur um einen kleinen, unbedeutenden Blogger. Etwas realitätsentrückt, vielleicht.
Man stelle sich vor ein russischer Journaliste hätte versucht 🙄 ein zweistündiges Interview mit Joe Biden durchzuführen ... 🤣🤣🤣