Wird es eng für den russischen Präsidenten und seine Elite?

Es rumort jedenfalls unter der Oberfläche. Seit Monaten warnen russische Soziologen vor dem Erstarken eines «linken Patriotismus», eines «roten Maidan», in Anspielung auf die Kiewer Demonstrationen 2013/2014.

Zunehmend dreister wagen sich die Nationalisten aus der Deckung. Vor wenigen Tagen hat die Allrussische Gesellschaft der Offiziere ihren eigenen Präsidentschaftskandidaten gekürt. Zu den Politikzielen der obskuren Versammlung gehört: die «Entkulakisierung» der Oligarchen und Reichen, die Amtsenthebung aller Profiteure der vergangenen dreissig Jahre, ein totaler Zuwanderungsstopp, ein Ende der Ausgabe von Reisepässen, Aufhebung des Devisenhandels, Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu allen «unfreundlich» gesinnten Staaten und Ähnliches mehr.

Die nie verstummten Träume der Sowjetnostalgiker werden lauter, desgleichen die immer unverhohlenere Kritik an Wladimir Putin und seiner Umgebung. Anfang April wurde der Klub wütender Patrioten um den «Helden des Russischen Frühlings» 2014 ins Leben gerufen, Igor Girkin, damals kurze Zeit Verteidigungsminister der selbsternannten Volksrepublik Luhansk.

Girkin fordert seit langem klare Worte und eine harte Hand: Anerkennung des Krieges als Krieg, Mobilmachung und ein Sieg in der Ukraine. Im Telegram-Kanal des Klubs wütender Patrioten werden Schreckensszenarien diskutiert – für den Fall, dass sich nicht radikal etwas ändert. Das Wort Ukraine schreibt man dort nur mit kleinem «u» und in Anführungszeichen.

Der Machtkampf ist angezettelt. Schon ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Girkin wegen Extremismus und Verunglimpfung der Regierung. Kritik an den russischen Nationalisten kommt auch aus Tschetschenien.

Hintergrund: In Moskau entbrennt der Streit um ein lange geplantes Moschee-Projekt. Dessen Gegnern hält der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow entgegen, statt zu protestieren sollten sie (wie seine muslimischen Kämpfer) ihr Vaterland im Donbass mit der Waffe verteidigen.