Vor und nach der Wahl wurde der frischgebackene argentinische Präsident von den Mainstream-Medien mit allerlei liebevollen Etiketten versehen: Er sei ein «Rechtspopulist», ein «Anarchokapitalist», ein «extrem Rechter». Vorgestellt wurde er praktisch ausschliesslich in unvorteilhaftem Licht.

Wo man vielleicht noch mitgehen kann, ist die Beschreibung als «Populist», wenn man darunter ein volksnahes Auftreten versteht. Tatsächlich hat er sich im Wahlkampf in auffälligen Posen gezeigt: Bekannt sind etwa seine Auftritte mit Motorsäge, mit denen er seine Absicht symbolisierte, den völlig aufgeblähten und korrupten Staatsapparat, der für das wirtschaftliche Desaster in Argentinien verantwortlich ist, zurückzustutzen.

Auch wenn diese Bilder etwas Irritierendes an sich haben, dürfen sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter Milei ein blitzgescheiter Ökonom in der Tradition der Österreichischen Schule steckt. Diese ist alles andere als «rechtsextrem», sondern vielmehr liberal. Doch im linksextrem-etatistischen Meinungsklima von heute wird jeder, der die antikapitalistische Ideologie nicht mitträgt, in die «extrem rechte» Ecke gestellt, was im Fall von Milei nicht nur lächerlich, sondern auch gänzlich falsch ist. Ihm ist sehr wohl klar, was es jetzt zu tun gilt, um den fortlaufenden wirtschaftlichen Niedergang aufzuhalten und Argentinien mittelfristig wieder in ein florierendes Land zu verwandeln.

Im Gegensatz zur keynesianischen oder neoklassischen Ökonomenzunft des staatlich finanzierten Mainstreams ist sich Milei durchaus bewusst, dass Wohlstand nur unter liberalen Bedingungen entstehen kann, in welchen das freiwillige Interagieren zwischen den Menschen nicht vom Staat torpediert oder unterbunden wird. Ihm ist klar, dass Wohlstand dann zustande kommt, wenn Vertragsparteien freiwillig miteinander etwas vereinbaren. So stellen sich beide Seiten besser, weil niemand freiwillig einen Vertrag zu seinen Lasten abschliesst.

Daher will er dem Prinzip der Vertragsfreiheit auf allen Ebenen zum Durchbruch verhelfen. So etwa beim Geld, wo er den Annahmezwang für den inflationsgeprellten Peso abschaffen und es den Vertragsparteien überlassen will, mit welchem Zahlungsmittel sie ihre Geschäfte tätigen wollen. Er will aber auch defizitäre Staatsunternehmen privatisieren und sie den erfolgserprobten Regeln des freien Marktes aussetzen, damit diese sich wieder um die Gunst der Kunden bemühen müssen, mit denen freiwillige Verträge geschlossen werden müssen, um Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen. Zudem will er den Zwang aufheben, dass man als Arbeitnehmer einer Gewerkschaft beitreten muss. Das alles erinnert sehr an das erfolgreiche Programm, mit dem Margaret Thatcher einst den «kranken Mann Europas» (das heruntergewirtschaftete Grossbritannien der 1970er Jahre) wieder zum Erfolg führte.

Als Ökonom der Österreichischen Schule ist Milei sich bewusst, dass Wohlstand nicht entsteht, indem der Staat mehr Geld druckt und ausgibt. Denn der Staat kann nur Geld ausgeben, das er vorher jemandem weggenommen hat. Und das frisch gedruckte Geld zerstört auch nur die Kaufkraft der Bevölkerung und enteignet diese damit durch die Hintertür. Nein, mehr Wohlstand entsteht vielmehr dann, wenn sich der Staat aus dem Wirtschaftsleben weitestgehend zurückzieht, hinderliche Regulierungen abschafft und die steuerliche Ausbeutung verringert. Auch deshalb fordert Milei Steuersenkungen auf breiter Front.

Ob Milei sein ambitioniertes Programm zur Förderung der Prosperität auch umsetzen kann, bleibt abzuwarten. Die Opposition gegen ihn im Parlament, in der Verwaltung und in den Medien ist gigantisch: Sehr viele korrupte Sonderinteressen, die bislang parasitär auf Kosten der Allgemeinheit gelebt haben, droht der Verlust ihrer Privilegien. Die Liberalisierung Argentiniens wird also alles andere als ein Spaziergang. Man kann Milei daher nur die Daumen drücken, dass er das nötige Rückgrat und die notwendige Durchschlagskraft aufbringen wird, um sein vielversprechendes Reformprogramm umsetzen zu können.