Es hätte alles ganz anders kommen können – ein Europa im Frieden, mit einer gemeinsamen Sicherheitsstruktur vom Atlantik zum Ural, die Russland ein- und nicht ausschliesst. Und es war bereits alles auf einem guten Weg – damals zu Beginn der 90er Jahre. Washington und Moskau loteten Wege zur Zusammenarbeit aus, der damalige Nato-Chef verhandelte persönlich mit der russischen Führung, der russische Verteidigungsminister besuchte drei Tage lang seinen amerikanischen Amtskollegen und sprengte gemeinsam mit ihm den Silo für eine Minuteman-Atomrakete.

Zum 75. Geburtstag der Nato hat das National Security Archive an der George Washington Universtity in Washington vier bisher geheime Dokumente aus den Jahren 1992 bis 1995 freigegeben. Sie zeigen, so die Universität in einer Presseerklärung, die «Tragödie der nicht beschrittenen Wege».

Das erste Dokument ist die Mitschrift eines Gesprächs, das der damalige Nato-Generalsekretär Manfred Wörner mit Ruslan Chasbullatow, dem Vorsitzenden des Obersten Sowjet und engen Vertrauensmann von Boris Jelzin führte. Das zweite Dokument ist ein streng geheimes Memo des US-Verteidigungsministers William Perry an Präsident Bill Clinton. Ausserdem wurden das Memo eines Gesprächs von Perry mit dem Sprecher der russischen Duma, Iwan Rybkin, und eine handschriftliche Notiz des amerikanischen Vize-Aussenministers Strobe Talbott freigegeben.

Wir dokumentieren diese Zeitzeugnisse übersetzt im Wortlaut.