Es ist das gewohnte Schema: Wer sich in den vergangenen Wochen über die Lage in der Türkei informieren wollte, bekam das Bild eines kranken, alten Diktators geliefert, der sich an die Macht klammert. Dass sein Herausforderer offen nationalistische Töne anschlug, dass Erdogan versicherte, die Wahl, wie sie auch ausfallen möge, zu akzeptieren – das alles waren in den allermeisten Medien allenfalls Randnotizen.

Das Schema greift auch anderswo. Mit Blick auf die USA: Jeder angebliche oder tatsächliche Trump-Skandal ist eine Schlagzeile wert. Umso grösser ist das Erstaunen, dass dieser Mann der erfolgversprechendste Kandidat der Republikaner für den nächsten US-Wahlkampf ist.

Oder mit Blick auf Italien: Georgia Meloni, Chefin der rechtskonservativen Partei Brüder Italiens, ist seit bald einem halben Jahr Ministerpräsidentin in Rom. In dieser Zeit habe sie sich als «fähige Person» gezeigt, eine Faschistin sei sie nicht. Wer sagt das? Stefano Bonaccini, Leitfigur der oppositionellen Sozialdemokraten. Die Erzählung, in Italien sei hundert Jahre nach der Machtergreifung Mussolinis der Faschismus in Gestalt einer blonden Frau zurückgekehrt, ist eine Erfindung linker deutscher Medien, die von Politikern gleicher Geisteshaltung weitergetragen wird.

Was nicht sein darf, das nicht sein kann, lautet das zutiefst undemokratische Credo dieser Beobachter. Dabei ist ihre Aufgabenbeschreibung, ganz gleich, ob sie Politiker oder Journalisten sind, eine ganz andere. Sie lautet schlicht: «Sagen, was ist.»