Die Weltwoche hat unserem Nachrichtendienst vorgeworfen, in einem vertraulichen Dokument einen neutralitätsfreundlichen Beitrag im Organ Zeit-Fragen als russischen Versuch der Wahlbeeinflussung disqualifiziert zu haben.

Auch das auf der Plattform X verbreitete Video eines in der Stadt Baden öffentlich urinierenden dunkelhäutigen Asylbewerbers sei Ausfluss russischer Propaganda und ziele auf die Wahlen vom 22. Oktober. So hiess es in einer anderen Fiche des NDB, welche die NZZ am Sonntag bekanntgemacht hat.

Die SP Schweiz jubilierte und behauptete flugs: «Putin-Regime versucht, Schweizer Wahlen zugunsten der SVP zu manipulieren». Und die Partei forderte eine parlamentarische Untersuchung dieser angeblich unerhörten Vorgänge.

Die Weltwoche hat den Nachrichtendienst mit Artikel 5 das Nachrichtengesetzes konfrontiert, der dem NDB klare Grenzen setzt: «Er beschafft und bearbeitet keine Informationen über die politische Betätigung und über die Ausübung der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinsfreiheit in der Schweiz.»

Die Medienstelle des NDB hat mit folgender Stellungnahme reagiert:

«In dem von der Weltwoche veröffentlichten Dokument geht es um Beeinflussungen aus dem Ausland gegen sicherheitspolitische Interessen der Schweiz. Wie Sie selbst festgestellt haben, sind im Dokument weder Schweizer natürliche Personen noch Schweizer Unternehmen oder Medien genannt, weil der NDB solche im Inland nicht aufklärt. Es gibt daher nichts, was Ihnen die Behauptung erlaubt, dass der NDB eine Schweizer Zeitung ‹beobachtet›.  

Der NDB bearbeitet gemäss seinem gesetzlichen Auftrag keine politischen Vorgänge zu nachrichtendienstlichen Zwecken; d. h. er erfasst und beurteilt nicht, welche ‹Politiker oder Meinungsmacher› beeinflusst werden oder werden könnten. Der NDB beurteilt aber, dass die ausländischen Beeinflussungsversuche auf solche abzielen. Der Bezug zu den eidgenössischen Wahlen besteht deshalb, weil diese unmittelbar bevorstehen.

Der Auftrag des NDB besteht in der Berichterstattung und Beurteilung sicherheitspolitisch bedeutsamer Vorgänge im Ausland. Allfällige Massnahmen gegen solche Vorgänge, welche die Sicherheit der Schweiz beeinträchtigen können, müssen von den thematisch zuständigen Behörden getroffen werden. 

In Bezug auf verdeckte Aktivitäten ausländischer Mächte in der Schweiz gerät der NDB rasch an seine rechtlichen Grenzen. Er erhält regelmässig Informationen, die weniger auf Spionage, sondern zum Beispiel auf Beeinflussungsaktivitäten hindeuten. Er darf diesen Indizien in den meisten Fällen nicht nachgehen, wenn sie das Territorium der Schweiz betreffen und keinen direkten Bezug zu verbotenem Nachrichtendienst aufweisen.

Die russischen Spionageaktivitäten sind seit langer Zeit ein Hauptfokus des NDB. Der Ukrainekrieg hat die Richtigkeit dieses Schwerpunkts bestätigt. Der NDB verfolgt die Lageentwicklung in der Ukraine und allfällige Konsequenzen auf die Schweiz laufend und gemäss seinem gesetzlichen Auftrag. Zur Thematik empfehlen wir die Lektüre des Kapitels «Verbotener Nachrichtendienst» in unseren Lageberichten «Sicherheit Schweiz» der Jahre 2019, 2020, 2021, 2022 und 2023. Weiterführende Informationen zur Spionagebekämpfung des NDB finden Sie im Faktenblatt ‹Was macht der NDB gegen Spionage?›. 

Die detaillierteren Einschätzungen des NDB zum Thema fliessen in klassifizierte Berichte ein, die regelmässig an den Bundesrat sowie an die von der Thematik betroffenen Behörden und Organisationen gehen. Wir haben keine weiteren Kommentare zu diesem Thema hinzuzufügen. 

Der NDB behält sich Anzeigen in allen Fällen von mutmasslichen Amtsgeheimnisverletzungen vor.»