Es war seit mehr als einem halben Jahrhundert immer das gleiche: Die, die eingeladen sind, die bezahlen und kommen, finden das Weltwirtschaftsforum in Davos grosse Klasse.

Und diejenigen, die am Rande aus den Nachrichten davon erfahren, halten es für entbehrlich.

Dieses Jahr allerdings ist es anders: Auch die, die da sind, haben ihre Zweifel, und viele, die eingeladen waren, sind gar nicht erst gekommen.

Das WEF unter Gründervater Klaus Martin Schwab, der mit seinen 84 Jahren noch fünf Jahre mehr auf dem Buckel hat als der nicht erschienene US-Präsident Joe Biden, plagen drei Probleme: Erstens hat die pandemiebedingte Pause gezeigt, dass es ein Leben ohne WEF gibt. Manchem fiel auch auf, dass ausgerechnet das Thema Weltgesundheit in den Bergen von Davos nur selten eine Hauptrolle gespielt hat.

Das zweite Problem ist das Format: Alle sollen kommen, und für keinen ist es nah. Die weltläufige Abgeschiedenheit war das Markenzeichen, im Zeitalter von Videokonferenzen aber ist sie nur noch lästig. Ein zugeschalteter Gast allerdings – wie etwa der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck – ist öde.

Es ist ein Unterschied wie zwischen Theater und Fernsehen: Beim ersten ist man gebannt, beim zweiten isst man Chips.

Vor allem aber widerlegt die Wirklichkeit die Idee dieses Weltwirtschaftsforums: Nationalstaaten spielen verrückt, globale Lieferketten reissen, aus dem weltweiten Handel ist ein weltweites Warten geworden.

Biden weilt in Japan, um zu zeigen, was er von China hält. Olaf Scholz fliegt lieber nach Afrika, anstatt die Welt von Davos aus zu retten. Und zum zentralen Thema, dem Ukraine-Krieg, hat Thomas Mann, der seinen «Zauberberg» in Davos spielen lässt, schon das Wichtigste ebendarin geschrieben: «Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt.»

Möglicherweise ist das Romanlesen besser investierte Zeit, als sich in Davos zu langweilen.