Sehr geehrte Frau Alt-Bundesrätin

In meiner Mailbox ist eine «persönliche Nachricht» mit persönlicher Anrede von Ihnen eingegangen. Erlauben Sie darum, dass ich darauf auch persönlich reagiere. Sie widersprechen als ehemalige Bundesrätin dem politischen Entscheid des heutigen Bundesrates im Falle der 13. AHV-Rente. Gleichzeitig schreiben Sie mir, dass Sie «normalerweise» auf einen solchen Widerspruch verzichten.

Sie glauben, mit einer 13. AHV-Rente «die Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentner wiederherzustellen». Aber ich höre von Ihnen kein Wort darüber, dass der werktätige Teil der Bevölkerung die zusätzlichen fünf Milliarden Franken mit Lohnabzügen und höheren Mehrwertsteuern finanzieren müsste. Was für sämtliche noch nicht 65-Jährigen zu einem deutlichen Kaufkraftverlust führt. Ist das etwa sozial und solidarisch?

Sie glauben, Sie müssten «falsche Aussagen korrigieren», und wollen mir für die Ja-Kampagne Geld aus der Tasche ziehen. Dazu sage ich ebenso nein wie zur 13. AHV-Rente. Und überdies ergreife ich die Gelegenheit, sehr geehrte Frau Dreifuss, Sie an Ihre eigenen Falschaussagen zu erinnern.

Die Schweizer Prämienzahler «verdanken» Ihnen nämlich das heutige Krankenversicherungsgesetz (KVG). Und damit die Prämienexplosion um durchschnittlich fast 150 Prozent seit dessen Einführung im Jahr 1996. Beim aktuellen Sorgenbarometer der Schweizerinnen und Schweizer schwingt nicht nur die Altersvorsorge obenauf, sondern auch die von Ihnen verantworteten Krankenkassenprämien. Auch diese schmälern – wie Sie sich denken können – die Kaufkraft unserer Mitmenschen enorm.

1994 haben Sie kurz vor der Volksabstimmung orakelt: «Wir schätzen, dass dank des revidierten KVG Einsparungen zwischen 10 und 12 Prozent möglich sind» (Luzerner Neuste Nachrichten). 1996 meinten Sie zu den Kosten: «Ich rechne damit, dass der Anstieg ab 1998 und 1999 gebremst wird» (Tages-Anzeiger). Als das Gegenteil eingetroffen war, behaupteten Sie tapfer: «Die Kostenentwicklung flacht ab von Jahr zu Jahr» (Blick). Und 1999: «Unsere Massnahmen zur Kostendämpfung greifen jedes Jahr besser» (Blick).

Als gar keine Massnahmen griffen, verkündeten Sie: «Gemäss unseren Berechnungen werden die Kosten im nächsten Jahr um rund 5 Prozent wachsen» (Berner Zeitung). Weil die Kosten 2002 leider um rund 10 Prozent wuchsen, kommentierten Sie: «Es bleibt, dass wir effizientere Instrumente zur Kostendämpfung entwickeln müssen» (NZZ).

Wir Prämienzahler haben die seitherige Entwicklung mitbekommen und vor allem mitfinanziert. Wir wissen, wie viele Mitbürger ohne Prämienverbilligungen nicht mehr über die Runden kommen. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich Sie darum nicht als glaubwürdige Vertreterin eines gesund finanzierten Sozialwerks akzeptieren kann.

 

Mit freundlichen Grüssen

Christoph Mörgeli