Die Führung der Credit Suisse wird in ihren Entscheiden jetzt stark von aussen bestimmt. Sie schafft es nicht mehr allein. In der Nacht auf Donnerstag teilte sie mit, sie beantrage bei der Nationalbank bis zu 50 Milliarden Franken Kredit. Wie kam es dazu, was heisst das?

Am Mittwoch verloren die CS-Aktien bis zum Nachmittag etwa 30 Prozent ihres Wertes, der Tagesverlust betrug dann 24 Prozent, und der Schlusstand lag bei extrem niedrigen Fr. 1.70. Nach dem brutalen Absturz hat die CS noch einen Börsenwert von 6,8 Milliarden Franken.

Hinter dem CS-Schock steht ein Vertrauensverlust bei Anlegern und Kunden, der zum einen mit der Stimmung am Markt zu tun hat. Die Konkurrentin UBS verlor am Mittwoch auch, nämlich 7,8 Prozent, und ist mit einer Marktkapitalisierung von 55 Milliarden Franken nun immerhin etwa achtmal so viel wert wie die CS. Acht zu eins, und das waren früher mal direkte Rivalen.

Fatale Wirkungen auf die Märkte sind vom Fall der amerikanischen Silicon Valley Bank ausgegangen, die vor knapp einer Woche kollabierte. Eigentlich erschien das zunächst als gut kontrollierbarer Spezialfall, da diese auf Technologiefirmen ausgerichtete Bank offenbar primär den Fehler gemacht hatte, ihre Mittel konzentriert in hochklassigen Staatsobligationen anzulegen, die nun durch die Zinserhöhungen an Wert verloren und die Bilanz nach unten zogen.

Aber die Regierung Biden intervenierte, nahm die Bank unter Staatskontrolle, und Biden sprach Garantien für die Einlagensicherung im ganzen Land aus. Das wirkte nicht nur beruhigend, sondern auch beunruhigend, da man die Intervention so deuten konnte, dass das Finanzsystem tatsächlich in Gefahr sei.

Die Credit Suisse litt stärker als andere unter der Unsicherheit, weil ihre Führung die Erwartungen und das Vertrauen der Anleger schon oft enttäuscht hat. Immer wieder, seit Jahrzehnten. Bei den jüngsten grossen Rückschlägen in den Geschäften mit Greensill und Archegos hat die Konzernspitze im Risikomanagement krass versagt.

Die Aktionäre bezahlten schwer für die Geschäftsverluste, die Manager litten wenig. Aber der Markt reagierte. Vor allem im Schlussquartal 2022 gab es mit über hundert Milliarden Franken umfangreiche Kundengeldabflüsse.

Von der Bilanz her gilt die CS im Urteil von Fachleuten nicht als angeschlagen, aber die stimmungsmässige Einschätzung spielt ihrer Ansicht nach in Stressphasen eine wichtige Rolle. Zudem schossen die Absicherungszertifikate für einen CS-Kreditausfall in den vergangenen Tagen steil in die Höhe, was Suche nach Sicherheit, aber auch Wetten auf den Kollaps der Bank bedeuten kann.

Brisant war, dass der seit kurzem grösste Aktionär Saudi National Bank (Anteil knapp 10 Prozent) laut Meldungen vom Mittwoch ein weiteres Einschiessen von Kapital abgelehnt hat. Der frühere Grossaktionär Harris war ausgestiegen.

Medien meldeten schliesslich, die CS-Führung habe die Finanzaufsicht Finma und die Schweizerische Nationalbank (SNB) um Signale der Stärkung ersucht. Angaben dazu gab es bei diesen Stellen bis zum Mittwochabend nicht – dann aber doch plötzlich. Wegen Gefahr?

In einer gemeinsamen Stellungnahme teilten Finma und SNB mit, «dass von den Problemen gewisser Bankinstitute in den USA keine direkte Ansteckungsgefahr für den Schweizer Finanzmarkt ausgeht». Die für die Schweizer Finanzinstitute geltenden strengen Kapital- und Liquiditäts-Anforderungen sorgten für die Stabilität der Institute.

Die Credit Suisse erfülle die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen an Kapital und Liquidität. Die SNB werde im Bedarfsfall der CS Liquidität zur Verfügung stellen. Die Schweizer Regulierung sorge dafür, dass negative Auswirkungen von grossen Krisen und Schocks absorbiert werden könnten.

Und zum Schluss: «Die Finma und die SNB verfolgen die Entwicklungen sehr genau und stehen in diesem Kontext mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement zwecks Sicherung der Stabilität des Schweizer Finanzsystems im engen Kontakt.»

Ist die CS damit einigermassen aus der Schusslinie?

Es kann sein, dass sich die Stimmung den Zusicherungen anpasst, aber für den Fall einer weiteren Verschlimmerung wäre wohl die Notfallplanung ins Auge zu fassen, die in der Schweizer Regulierung für systemrelevante Banken ebenfalls vorgesehen ist.

In diesem Fall würde die Finma der Konzernführung das Steuer aus der Hand nehmen und Massnahmen zur Sanierung oder Liquidierung und zum Separieren von Unternehmensteilen einleiten. Von besonderem Interesse ist der Schweizer Teil der Credit Suisse, der als ertragsstarker und solider Kern gilt – und der dem Firmennamen auch am ehesten entsprechen würde.

Und wenn es schon ums Partitionieren geht: An Ratschlägen, wohin der CS-Kern dann am besten gehen sollte, fehlt es nicht; vom Versicherer Swiss Life ist die Rede, auch von den Konkurrenten UBS oder Zürcher Kantonalbank. Das sollte Verwaltungsratspräsident Axel Lehman und Konzernchef Ulrich Körner dazu antreiben, tragfähige Alternativen zu diesen Szenarien erarbeiten.