Selten genug, dass die Präsidenten der Kriegsgegner Russland und Ukraine ein und derselben Meinung sind. Zum Thema der zerstörten Ostsee-Pipelines ist das der Fall.

Als «totalen Unsinn» bezeichnet Wladimir Putin die in westlichen Medien kolportierte These, wonach die Sprengung auf das Konto ukrainischer Spezialisten geht.

Auch sein Gegner Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Version als «lächerlich»: «Ukrainer haben das definitiv nicht getan.»

Beide haben ihre Gründe.

Dass der US-geführte Westen die Ukraine (und als Nächstes Belarus) seiner Hegemonie einverleiben will, ist für den russischen Präsidenten wie in Stein gemeisselt.

Sein Narrativ: Der Gegner sitzt nicht in Kiew, sondern in Washington; dort (und nur dort) finden sich auch die Verantwortlichen für einen derart massiven Schlag gegen russische Interessen und russische Infrastruktur.

Sein ukrainischer Amtskollege folgt einer anderen Logik. Er muss befürchten, dass die westeuropäischen Ukraine-Freunde, vorneweg die Deutschen, es nicht eben goutieren, wenn Ukrainer ihre kritische Infrastruktur in die Luft jagen.

Das Publikum tappt im Dunkeln. Ist das am Ende gar die Idee? Werden neue Versionen des Tathergangs vielleicht vor allem deshalb gestreut, damit die Menschen nicht an eine andere glauben?

Es fällt schon auf, mit welcher Hartnäckigkeit Politiker und Medien daran festhalten, dass auch die Russen die Bösen sein könnten. Nur auf die Chinesen hat noch kein Finger gezeigt. Oder auf die Inder.

Beide Länder sind energiehungrig, und wir wissen, dass Russland mit dem Ausfall der Pipelines für über 100 Milliarden Kubikmeter Gas neue Abnehmer benötigt, Jahr für Jahr.

Man sieht: Plausibilitäten lassen sich vielfältig konstruieren. Die Wahrheit gibt es nur in einer Ausführung.