Kaum etwas ist in Deutschland so wichtig wie «Haltung zeigen». Denn schliesslich geht es um unsere Demokratie. Und um Toleranz. Also ist Zivilcourage gefragt, wo immer Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt in Gefahr sind.

Doch das mit der Zivilcourage hat in der Praxis so seine Tücken. Denn Zivilcourage bedeutet seit einigen Jahren nicht, offen, frei und mutig die eigene Meinung zu sagen und so einen Beitrag zu einer demokratischen Gesellschaft zu leisten. Als zivilcouragierte Meinung gilt heutzutage vielmehr, einen relativ überschaubaren Meinungsstreifen zu bedienen.

Das ist in doppelter Hinsicht verlogen. Zum einen bindet es Zivilcourage und Haltung an gewisse politische Inhalte. Vor allem aber wird all jenen Zivilcourage abgesprochen, die gegen erhebliche Widerstände unerschrocken ihre Meinung sagen und tatsächlich Mut aufbringen. Doch Zivilcourage zeigen bedeutet heutzutage vor allem, das zu sagen, was alle sagen – nur besonders laut und am besten in einer Talkshow.

Doch Meinungen und Ansichten ihre Legitimation abzusprechen, nur weil sie als populistisch gelten oder jemand von der AfD schon einmal etwas Vergleichbares gesagt hat, ist das Gegenteil von Zivilcourage und Haltung. Es ist der jämmerliche Versuch, politische Debatten abzuwürgen. Es schadet der Demokratie.

Es wird Zeit, dass sich die Bürger die Definition darüber zurückholen, was es heisst, Zivilcourage zu zeigen. Denn was den Mut im Alltag – das meint Zivilcourage in Gegensatz zur militärischen Courage – ausmacht, ist eine Frage an alle Bürger, nicht an wenige Meinungsmacher und Politfunktionäre.

Wir müssen Zivilcourage wieder neu definieren lernen.