Von den USA als neues Machtzentrum in Europa und Bollwerk der Eindämmung russischer Aggression erkoren, kann Polen vor Kraft kaum noch laufen. Das äussert sich auch im Gezerre um russische Liegenschaften auf polnischem Territorium. Vor wenigen Tagen drangen polnische Sicherheitsorgane mit Gewalt in eine Warschauer Schule ein, die von russischen Diplomatenkindern besucht wird.

Das Gebäude in der Kieleckiej-Strasse, von den Anwohnern auch «Spionagenest» genannt, ist nicht der einzige Gegenstand der Auseinandersetzungen. Im Frühjahr hatten polnische Behörden eine leerstehende, renovierungsbedürftige Immobilie in der Sobieski-Strasse beschlagnahmt – gemäss Moskauer Behauptungen russisches Eigentum. Der Warschauer Bürgermeister gab an, das Haus ukrainischen Flüchtlingen zur Verfügung stellen zu wollen.

Zu den russisch genutzten Liegenschaften gehörte auch ein 6 Hektar grosser Erholungskomplex im Warschauer Weichsel-Vorort Jablonna. Dort wurden die Moskauer Diplomaten bereits im November 2022 vor die Tür gesetzt. Die polnische Regierung hatte den Pachtvertrag aus den 1980ern gekündigt.

Begonnen hat der Konflikt mit dem Einfrieren russischer Botschaftskonten nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine im Februar vergangenen Jahres. Seither sind Miet- und Pachtzahlungen unmöglich. Das russische Argument, wonach Zahlungsrückstände laut den Verträgen keinen Kündigungsgrund darstellen, wird von der polnischen Justiz nicht anerkannt.

Inzwischen hat der russische Botschafter Sergej Andrejew auch noch bekanntgegeben, dass «erhebliche Beträge» auf den Bankkonten nicht nur eingefroren, sondern konfisziert worden sind. Dem russischen Aussenministerium bleibt wenig mehr, als scharfe Gegenmassnahmen anzukündigen. Wie weit wird der Konflikt mit dem Nato-Mitglied Polen eskalieren? Der Graben, der Europa künftig teilt, wird täglich tiefer.