«Die Rede von AfD-Frontfrau Alice Weidel war das Hasserfüllteste, was ich in meiner Karriere als Journalist je im Deutschen Bundestag gehört habe. Das war Hetze ohne Unterlass.» Mit diesem Tweet hat der ehemalige Chef des ARD-Hauptstadtstudios Berlin, Ulrich Deppendorf, die Rede der AfD-Chefin auf der Plattform X kommentiert.

Es ist gut, wenn Journalisten in der Lage sind, meinungsstark zu kommentieren. Schlecht hingegen ist, wenn die «Realität» in einer recht eigenwilligen Sinnenklave mit der Realität im echten Leben verwechselt wird. In der Deppendorf’schen Sinnprovinz mag es so sein, dass die Rede von Weidel als von Hass erfüllt und von Hetze geprägt wahrgenommen werden kann. Bei Lichte betrachtet ist es aber so: Weidel trifft elf Minuten lang den Nagel auf den Kopf.

Was Deppendorf als «Hass» und «Hetze» wahrnimmt, bezeichnen herrschaftskritische Journalisten als: Klartext. Wenn Weidel etwa sagt, dass «die geschundenen Leistungsträger dieses Landes» auf die Strassen gehen, «weil sie nicht mehr können», dann hat Weidel schlicht recht. Ihrer Bemerkung, die Regierung ziehe «eine Schneise der Verwüstung durch das Land», widersprechen allenfalls Diplom-Realitätsverdreher. Bei Lichte betrachtet: Vorgeblich im Auftrag der Demokratie agierende Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hätten der Regierung Weidels Worte schon lange selbst um die Ohren hauen müssen. Stattdessen: weichgespülte Regierungskritik, die in ihren, räusper, «besseren» Momenten Erinnerungen an DDR-Medien weckt. Wie die Regierungskritik ansonsten aussieht, bedarf keiner weiteren Ausführung.

Deppendorf hat über viele Jahre die politische Berichterstattung der ARD geprägt. Fundierte Herrschaftskritik konnte in dieser Prägung nicht erkannt werden. In der Corona-Zeit beteiligte sich Deppendorf zudem an dem sehr opportunen Verhalten, Impfdruck auf den Fussballspieler Joshua Kimmich aufzubauen. In einem Tweet vom Oktober 2021 äusserte er sich mit den Worten: «Warum spielt der ungeimpfte Joshua Kimmich eigentlich noch in der Mannschaft von Bayern München? Bis zur Impfung sollte er nicht mehr aufgestellt werden.» Das passt ins Bild.

Hinzu kommt: Es gibt ein Bild, dass Deppendorf sitzend an einem Tisch mit Weingläsern neben Angela Merkel zeigt. Beide lachen. Deppendorf, mit weit aufgerissenem Mund, lacht besonders herzhaft. Journalisten und Politiker haben in einer Demokratie nicht nebeneinander lachend am Tisch zu sitzen. Zwischen ihnen hat Kampf zu herrschen – im für die Demokratie gesunden Sinne. Wer den Ursachen für Weidels Rede im Parlament nachspüren möchte, findet möglicherweise in dem Bild gewisse Anhaltspunkte.

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.

Die 3 Top-Kommentare zu "Regierungstreue Journalisten: AfD-Chefin Alice Weidel spricht in ihrer Bundestagsrede über die «geschundenen Leistungsträger» Deutschlands. Ein Ex-ARD-Hauptstadtstudio-Leiter sieht darin aber nur «Hass» und «Hetze»"
  • RobertM

    Beste Frau Deutschlands.! Ich hab mir die Rede schon 10x mit Genuss angehört....warte aber immernoch auf die Stelle wo sie Hetze und lügen verbreitet. oder gar rechtsradikales gedankengut absondert? ich glaube, die Kritikern von der AfD haben eine alternative Version gehört, oder sie verstehen kein klares und gutes Deutsch mehr? diese Umkehrung der Realität nimmt clowneske Züge an. Diese Frau hat in klarem Deutsch den Zustand für die Leute draussen erklärt. Drinnen stellt man auf Taub. Respekt!

  • c.m.tiemann

    "Hauptstadtstudioleiter" - was man man da schon erwarten?

  • reto ursch

    Richtig, dem seine Rente ist in trockenen Tüchern.