«Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.» So lautet der erste Satz des Artikels 8 des deutschen Grundgesetzes. Eigentlich ganz einfach.

Aber so einfach scheint es für den derzeitigen Bundeskanzler nicht zu sein. Denn offensichtlich gibt es gute und schlechte Demonstrationen. Letztere sind etwa Demonstrationen gegen die Regierung. An guten Demonstrationen nimmt der Kanzler hingegen auch persönlich teil. Etwa wenn es darum geht, Haltung gegen rechts zu zeigen.

Zur Demokratie, so weiss der Kanzler in seiner gestrigen Videobotschaft, «gehört Streit». Aber auch der Kompromiss. Beides ist richtig. Die Frage ist nur, wie im Falle eines Streites ein Kompromiss gefunden wird. Und die Idee des Kanzlers ist ganz offensichtlich: Was ein Kompromiss ist, das bestimmt er.

Denn, so Scholz mit Blick auf die demonstrierenden Landwirte, die Regierung habe ihren ersten Vorschlag überarbeitet. Nun läge ein zweiter Vorschlag vor. Das sei ein guter Kompromiss.

Eine entlarvende Feststellung. Denn ob ein Vorschlag ein Kompromiss ist, das haben im Streitfall die streitenden Parteien zu entscheiden – und nicht nur eine. Kompromisse werden gefunden, nicht diktiert. Auch das gehört zur Demokratie.

Für den Kanzler jedoch ist jeder, der des Kanzlers Diktat-Kompromiss nicht teilt, kein Demokrat. Anderswo nennt man das gelenkte Demokratie. Dass Scholz seine eigenen Kabinettsbeschlüsse ganz nebenbei zu Vorschlägen verniedlicht, unterstreicht noch die Herablassung, die er den Bürgern in seiner Ansprache entgegenbringt.