Eine Woche nach der Ankündigung ihrer Kandidatur für das Präsidentenamt hat Vizepräsidentin Kamala Harris nach Angaben ihrer Kampagne bereits mehr als 200 Millionen Dollar gesammelt. Das ist etwa viermal mehr als die Summe, die Joe Biden im gesamten Monat April für seine Wiederwahl erhalten hat. Und der Betrag übertrifft auch das Aufkommen für die Kampagne des republikanischen Kandidaten Donald Trump, dem im Juni fast 112 Millionen Dollar zugeflossen sind.

Laut Harris stammten 66 Prozent der Gelder von Erstspendern. Ein wichtiger Harris-Einzelsponsor ist der 88-jährige Schweizer Multimilliardär Hansjörg Wyss. Er lebt seit vielen Jahren in den USA, hat aber, aus welchen Gründen auch immer, keine amerikanische Staatsbürgerschaft. Wyss gilt für die amerikanischen Rechten als Favorit für die Nachfolge von George Soros.

Doch die Frage sei erlaubt: Wie schafft es Wyss ohne amerikanischen Pass, sich in der US-Politik finanziell zu engagieren?

Für Ausländer gelten in den USA bekanntlich strenge Spielregeln. Der Federal Election Campaign Act (Feca) verbietet es ihnen, direkte Spenden an politische Kampagnen oder Kandidaten zu überweisen. Dieses Verbot gilt auch für Act Blue, die Fundraising-Plattform, die für linksgerichtete und demokratische gemeinnützige Organisationen und Politiker eingerichtet wurde.

Doch Feca werde umgangen, sagen Beobachter. Gemäss Berichten wurden für die Harris-Kampagne 20 Millionen Dollar von Wyss auf über 1,6 Millionen Spenden von 400.000 Spendern aufgeteilt. Das wirft ernste Fragen über die Legitimität dieser Beiträge auf.

 

Harris ist nicht die einzige Politikerin, die von Wyss bedacht wird. Der Berner hat in den letzten Jahren über 800 Millionen Dollar an liberale Gruppen in den USA überwiesen, wobei er sich besonders auf Spenden für die Klima-Agenda von Präsident Joe Biden konzentrierte. Er habe sich im Stillen «zu einem der wichtigsten Spender» für linke Interessengruppen und zu einer zunehmend einflussreichen Kraft unter den Demokraten entwickelt, hiess es in der New York Times vor drei Jahren.

«Wir müssen den Planeten retten. Deshalb spende ich eine Milliarde Dollar», hatte er bereits vor sechs Jahren in einem Beitrag für die New York Times geschrieben.

Er habe eine klare Agenda, weiss eine seiner Schwestern, die eine Biografie über ihren reichen Bruder geschrieben hat. Er verfolge ehrgeizige Ziele, wolle «die amerikanische Verfassung im Lichte fortschrittlicher Politik neu interpretieren». Dazu benutzt er immer wieder andere Kanäle. So sind viele seiner Spenden in den Versuch geflossen, den ehemaligen Präsidenten Donald Trump und dessen erfolgreiche Nominierung des jetzigen Richters am Obersten Gerichtshof Brett Kavanaugh zu stoppen.

Seit 2016 sind rund 245 Millionen Dollar seiner Ausgaben für die amerikanische Politik an Arabella Advisors überwiesen worden, die ein riesiges Netzwerk progressiver Non-Profit-Organisationen kontrollieren, das neben anderen Aktivitäten Hunderte kleinerer Gruppen finanziert hat, die sich für Lieblingsthemen und -kandidaten von Wyss einsetzen. Arabella, das 2021 1,6 Milliarden Dollar einnahm, wurde von The Atlantic als «The Massive Progressive Dark-Money Group You’ve Never Heard Of» tituliert. Zu Deutsch: die grosse progressive Schwarzgeldgruppe, von der Sie noch nie etwas gehört haben.

Die Aktivitäten der Schweizers werden in den USA seit mehreren Jahren untersucht. So berichtete vor zwei Jahren die New York Post über Zweifel, ob das amerikanische Gesetz beachtet werde. Die «ausländische Schwarzgeld-Drehscheibe» sei wieder am Werk, dieses Mal mit Blick auf die Zwischenwahlen, sagte Caitlin Sutherland, die Geschäftsführerin der konservativen NGO Americans for Public Trust. Wyss habe bereits Hunderte von Millionen über seine Non-Profit-Organisationen an liberale Gruppen weitergeleitet, «die unsere Wahlen beeinflussen, und nun sind genau diese Gruppen bereit, sich bis November in jeden politischen Kampf einzumischen».

Wyss lasse seit Jahren Millionen von Dollar an linke Non-Profit-Organisationen fliessen, die die Wahlbeteiligung der Demokraten erhöhten und parteipolitische Wahlkampfstrategien anböten, sagte auch Hayden Ludwig vom Capital Research Center, einer konservativen Denkfabrik mit Sitz in Washington, DC, die Philanthropie und Non-Profit-Organisationen untersucht. Indem Wyss wohltätige Gruppen für politische Zwecke einsetze, umgehe er «effektiv die Beschränkungen der Wahlkampffinanzierung, die es Nichtstaatsbürgern verbieten, sich in amerikanische Wahlen einzumischen», meint Ludwig.

Hansjörg Wyss, in früheren Jahren ein erfolgreicher Unternehmer, machte sein Vermögen mit dem 2012 erfolgten Verkauf des von ihm gegründeten Medizinprodukte-Herstellers Synthes an Johnson & Johnson für 20,2 Milliarden Dollar. Forbes schätzte sein Vermögen vor einem Jahr auf 4,9 Milliarden Dollar.