Sonntagszeitung-Chefredaktor Arthur Rutishauser glaubt, Ex-Finanzminister Ueli Maurer trägt eine wesentliche Schuld am Credit-Suisse-Debakel. Es verwundert schon ein wenig, dass der Chef einer grossen Zeitung nicht besser über die Zuteilung der Verantwortlichkeiten bei der Aufsicht über die Banken informiert ist.

Die SVP hat ja schon bei der Lancierung und später bei der Überholung des Finmag die Kompetenzvermischung zwischen der SNB, der Finma, dem Bundesrat und dem Parlament kritisiert und deshalb die Revision abgelehnt, weil sie auch bezüglich der too big to fail-Regelung untauglich erschien. Die SVP wurde damals von den Medien wegen ihres Widerstandes gegen die unkluge Regulierung kritisiert. Nun zeigt sich aber, dass genau diese Fehleinschätzungen des Parlaments und der Verwaltung, die die Regulierungsvorschläge vorbereitete, ein Hauptgrund des CS-Niederganges waren.

Eine Grossbank in einer Notlage rasch aufzuteilen, war von Anfang an eine Illusion. Dazu würden die Einwilligungen vieler ausländischer Aufsichtsbehörden notwendig. Ersatzmanager erster Güte müssten innert Tagen bereitstehen, und die Finma müsste die Zwangsverwaltung übernehmen. Wenn eine Schweizer Grossbank auch nur eine ausländische Tochter fallenliesse, dann würden die Marktteilnehmer aus aller Welt ihr Geld von allen Filialen und Niederlassungen, aber auch das Stammhaus abziehen.

Zudem bestehen enge finanzielle Verflechtungen zwischen den einzelnen Filialen untereinander und dem Stammhaus. Ausländische Behörden würden Kapitalrückzüge des Stammhauses aus ihren ausländischen Niederlassungen kaum zulassen.

Die Ratings der ausstehenden Obligationen würden von den Rating-Agenturen auf «Nicht-Investment-Grade» zurückgestuft, womit viele institutionelle Anleger gezwungen wären, ihre Bestände an Anleihen der notleidenden Bank zu verkaufen, was jegliche Refinanzierung über den Kapitalmarkt verhindern würde.

Eine Governance-Regelung, wie sie für die Finma gilt, wäre für Finanzinstitute verboten. Im Finmag (Finanzmarktaufsichts-Gesetz) wird im Artikel 9 festgehalten, dass der Verwaltungsrat über Geschäfte von grosser Tragweite entscheide. Welche Geschäfte damit gemeint sind, ist nicht weiter definiert, und deshalb ist auch die Abgrenzung zur operativen Führung unklar. Meistens ist erst im Nachhinein erkennbar, was wichtig gewesen wäre.

Auch die Abgrenzung der Finma zum Bundesrat und zur Oberaufsicht ist nebulös, denn einerseits pocht das Gesetz im Artikel 21 auf die Unabhängigkeit der Finma: «Die Finma übt ihre Aufsichtstätigkeit selbstständig und unabhängig aus.» Dem Bundesrat muss nur einmal jährlich die Strategie ihrer Aufsichtstätigkeit sowie aktuelle Fragen der Finanzplatzpolitik erläutert werden. Die Finma kommuniziert mit dem Bundesrat über das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD). Das EFD ist somit lediglich die Schaltstelle zur Finma und nicht allein zuständig.

Als Oberaufsicht wird im Gesetz das Parlament aufgeführt. Ob der Bundesrat oder das Parlament aber die Kompetenz besitzen, in die Geschäftsführung der Finma einzugreifen, ist aufgrund des Finmag dennoch unklar und politisch ohnehin eher unerwünscht. Vor allem ist nicht geregelt, wer bei Fehlentscheidungen die Verantwortung trägt, die Kasse der Finma (beziehungsweise des Finanzsektors) oder die Bundeskasse.

Angesichts des Credit-Suisse-Falls könnte man durchaus zum Schluss kommen, dass die Finma wesentliche Amtspflichten verletzt hat, wie dies im Artikel 19 Abs. 2 Buchstabe a) bezüglich der Haftung der Finma festgeschrieben ist. Die eingeklagten 16 Milliarden Franken AT1-Bonds sprengen jedoch das Portemonnaie der Finma mit nur rund 160 Millionen liquiden Mitteln. Theoretisch müsste der Finanzsektor dann die von der Finma verlorenen Milliarden nachfinanzieren, denn gemäss dem Finmag muss der Finanzsektor nicht nur die laufenden Betriebskosten berappen, sondern auch den Aufbau und Erhalt eines Reservetopfs in der Grössenordnung einer Jahreseinnahme der Finma finanzieren.