Von Kriegen war durchaus die Rede in Wladimir Putins Ansprache auf dem Roten Platz am «Tag des Sieges». Allerdings von vergangenen Kriegen – vornehmlich dem Grossen Vaterländischen 1941–1945.

Von den gegenwärtigen Kriegen erwähnte der russische Präsident einen einzigen: denjenigen, der gegen «unser Vaterland» entfesselt wurde, gegen Putins Russland, und dessen Urheber Putin beim Namen zu nennen weiss.

Es sind die «westlichen globalistischen Eliten», die auf ihrer Einmaligkeit beharrten, blutige Konflikte und Umstürze provozierten und die traditionellen Werte zerstörten, die den Menschen erst zum Menschen machten.

Nach Putins Lexik ist die russische Invasion in der Ukraine auch in ihrem 15. Monat eine «militärische Spezialoperation». Als deren Ziel erwähnt er einzig den Schutz der Menschen im Donbass.

Umso intensiver widmet er sich den Zielen der Gegner, die sich, so der russische Präsident, «dem Zusammenbruch und der Vernichtung unseres Landes» verschrieben hätten und beabsichtigten, «sämtliche Zentren eigenständiger Entwicklung» abzuwürgen.

Was er eigentlich sagen will: Zentren der Entwicklung von Alternativen zum westlich-liberalen Modell. Es ist das Argument, mit dem Russland um den Zuspruch des gesamten Nicht-Westens buhlt. Wie sehr das Land sich zum Subjekt einer solchen eurasischen Alternative wandelt, zeigt die Präsenz der fünf zentralasiatischen Präsidenten und des armenischen Premierministers.

Aus Europa ein einziger Gast: der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko. Für Russland ist es ein diplomatischer Erfolg; im Mai 2022 sass kein einziger ausländischer Staats- oder Regierungschef auf der Tribüne.

In Moskau sind die Nerven gespannt. Drohnenangriffe auf den Kreml, Zerstörungen im Grenzland und auf der Krim, die erwartete Offensive einer vom Westen hochgerüsteten ukrainischen Armee.

Die deutlich abgespeckte Parade, der Verzicht auf jede Menge Militär-Klimbim und auf den Überflug der Kampfflugzeuge waren eine Botschaft nach innen: Es wird ernst. Irgendwann auch für den russischen Präsidenten.

Die 3 Top-Kommentare zu "«Tag des Sieges» in Moskau: Präsident Putin spricht von einem westlichen «Krieg gegen Russland», der traditionelle Werte zerstört"
  • andyher

    So ganz Unrecht hat Putin nicht. Der Westen will Russland zerstückeln und aussaugen. Westliche Werte müssen nur die im Nichtwesten einhalten. Siehe ca. 60 Geschlechter, gender etc .

  • tusnelda

    Putin hat Recht.

  • arouet

    Nein, es wird von den USA nicht willkürlich gezielt nur Russland gemobbt oder fertiggemacht. Die USA führen spätestens seit der vor 200 Jahren verfassten Monroe-Doktrin einem Kampf nicht nur gegen Russland, sondern gegen alle Länder, die sich dem Willen der USA nicht unterwerfen. Teils durch Destabilisierung & Zersetzung, teils durch Übernahme der Medienmacht, teils als kalte Putsch-Politik, teils durch Imperialismus & neokoloniale Unterwanderung, teils als kalter Krieg oder als heißer Krieg.