Das Klima am WEF widerspreche den Grundsätzen, denen sich Forumgründer Klaus Schwab verschrieben haben will: Das schreibt das Wall Street Journal (WSJ) und erhebt gravierende Vorwürfe gegen das WEF, das es als als «toxischen Arbeitsplatz» bezeichnet.

Trotz seiner hochgesteckten ethischen Ziele sehe sich das WEF zum Beispiel mit «zahlreichen Vorwürfen der sexuellen Belästigung und Diskriminierung von Frauen … konfrontiert». Mindestens sechs Mitarbeiterinnen wurden laut WSJ aus dem Unternehmen gedrängt oder mussten Rückschläge in ihren Karrieren hinnehmen, als sie schwanger waren oder aus dem Mutterschaftsurlaub zurückkehrten. Ein weiteres halbes Dutzend schilderte sexuelle Belästigungen durch leitende Angestellte, von denen einige noch beim WEF beschäftigt sind. Zwei sagten, sie seien vor Jahren von VIPs bei Forumtreffen sexuell belästigt worden, unter anderem in Davos, wo von weiblichen Mitarbeitern erwartet worden sei, dass sie den Delegierten auf Abruf zur Verfügung stünden. Einige von ihnen haben sich über das, was sie als «gemeinsames Trauma» beschreiben, in einer Whatsapp-Gruppe namens «WEFugees» zusammengeschlossen, der Hunderte ehemaliger Mitarbeiter angehören.

Pikant: Das WEF publiziert seit acht Jahren einen Index, der die Fortschritte zahlreicher Länder beim Abbau der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsplatz messen will. Würde man aber stattdessen das Verhalten von Arbeitgebern untersuchen, käme das WEF laut WSJ schlecht weg.

Ebenfalls pikant: Schwab präsentiert sich gerne als Mann mit Visionen, der die Mächtigen versammelt, um mit ihnen über Ethik zu sprechen, wie er dem Dokumentarfilmer Marcus Vetter sagte, der Schwab während zweier Jahre begleiten durfte. Er habe schon früh die «sehr moderne Ansicht vertreten, dass Unternehmen auch gegenüber der Gesellschaft, der Umwelt und ihren Mitarbeitern Verantwortung tragen».

Zur «Verantwortung» gegenüber älteren Mitarbeitern fühlt sich der heute 86-jährige Gründer des Weltwirtschaftsforums aber offenbar nicht verpflichtet. Als er seiner Organisation eine Verjüngungskur verpassen wollte, wählte er eine Gruppe von Mitarbeitern aus, die über 50 Jahre alt waren, um sie loszuwerden, so das WSJ. Als sich der Personalchef weigerte, die Ü-50 ohne stichhaltige Gründe zu entlassen, wurde der HR-Manager kurzerhand vor die Tür gesetzt.

Das Forum lehnte es ab, Schwab für ein Interview mit dem WSJ zur Verfügung zu stellen. Forum-Sprecher Yann Zopf sagte in einer Erklärung lediglich, dass das WSJ «unsere Organisation, Kultur und Kollegen, einschliesslich unseres Gründers, falsch darstelle».